Donnerstag, 14. März 2013

Eine Ahnung über die Quellen des pompösen Blödsinns in Jobannoncen. Wir schauen ein wenig Werbung.




Der Arbeitswillige weiß eine gute Tasse Kaffee zu schätzen. Sie belebt die Sinne und steigert das Wohlgefühl.  Ja, der Arbeitswillige darf behaupten, Kaffee gehört zum angenehmen Inventar seines Lebens. Verlässlich, fast ständig verfügbar, hilfreich. Nun gibt es allerdings einen Kafferöster, der den Arbeitswilligen  nicht nur im übertragenen Sinne den Teppich unter den Füssen wegzieht.
In einer Serie von aktuelleren Werbeclips lässt Tchibo am Ende gewissermaßen als Sentenz des Clipgeschehens behaupten:  Kaffee ist nicht Kaffee.
Der Mensch , der es nicht glaubt, kann sich unter folgenden Links überzeugen.

www.horizont.net/kreation/tv/pages/protected/Tchibo-Cafissimo_495304.html#bewertenBox
oder
www.youtube.com/watch?v=IlDybHjq7KU

Hier kann  Mensch den Spot abrufen. Vielleicht auch nicht. Denn wenn man der Logik der Aussage folgt, ist Mensch möglicherweise oder ganz bestimmt nicht Mensch. Und wenn Mensch nicht Mensch ist, ist er ein Nicht-Mensch. Nicht-Mensch ist allerdings nicht notwendigerweise eine Entität, die die Fähigkeit besitzt, im Internet etwas anzuschauen. Ein Nicht-Mensch wäre etwa auch ein Rauchmelder oder eine Schildkröte und vieles andere mehr. Alle diese Erscheinungen haben die Eigenschaft, eben Nicht-Mensch zu sein.
Zurück zum Kaffee. Wenn also Kaffee gleichzeitig ein Nicht-Kaffee ist, dann teilen fast alle andere Erscheinungen und konkreten Gegenstände diese eigene Qualität. Und das ist: Nicht-Kaffee-Sein. Nun wird aber behauptet, dass selbst Kaffee eben diese Universalqualität hat. Kaffee ist Kaffee gleichzeitig aber auch alles andere. Als Liebhaber von Kaffee mit der endlichen Eigenschaft des Kaffee-Seins wäre es mir nicht recht, etwas zu mir zu nehmen, das auch die Eigenschaft von Stahlnägeln hat  – die sind schließlich auch Nicht-Kaffee.
Die Kaffeclips wurden übrigens von der renommierte Agentur ScholzandFriends erdacht. Aber vielleicht trifft ja auch hier zu: ScholzandFriends ist nicht ScholzandFriends. Mag sein, damit lebt es sich ganz angenehm. Wen könnte man da mal fragen?




Dienstag, 12. März 2013

Sag einfach: Ich will. Führungserfahrung in der Matrix vorausgesetzt.



Man kann es beklagen, früher wurde man beim Fahrzeugkauf vom Fachhändler betuppt, sicher aber beim Gebrauchtwagenhändler. Heute geht das auch über das Netz. Und weil im Netz mit Daten gearbeitet wird, braucht man IT-Spezialisten, die das können.  In diesem Fall wird gesucht
 "ein Analyst (Data/ Web) (m/w) ". Das Unternehmen habe 360 Mitarbeiter  und sei in 18 europäischen Ländern präsent.  (Wie das Unternehmen zu seinen Mitarbeitern steht ... dazu weiter unten.)
Gut, der in der  Fachsprache der IT-Welt schwach Aufgestellte lernt beim ersten Lesen eigentlich nur eines:  Der Job ist in München.  Der Arbeitswillige ist aus eigener Anschauung zu dem Schluss gekommen, dass München zu den weitestgehend überschätzten Städten gehört. Aber das kann man auch unter "Geschmackssache" verbuchen. Was der Arbeitswillige beim 2. und 3. Lesen der Annonce lernt, ist , dass der Verfasser der Anzeige offenbar glaubt, dass korrekte Rechtschreibung und  Zeichensetzung eher abschreckend  auf die avisierte Kandidatengruppe / Kandidatinnengruppe wirken könnte.  Anders lässt sich die Vielzahl der Fehler  nicht erklären.

 Unser oberstes Ziel ist es (Komma wäre schön) nachhaltigen Wert für unsere Nutzer und uns zu erzeugen. Uns treibt dabei der Wille (Komma wäre prima)  kontinuierlich, (hier kein Komma) durch kleine und schnelle Iterationen zu lernen (da fehlt ein ",") was Wert erzeugt und was nicht. Der Nutzer steht in unserer agilen Produktentwicklung (Lean Startup, Scrum) im Mittelpunkt unseres Vorgehen (der Genitiv braucht ein 's' , und es fehlt auch ein ",") und wir treffen unsere Produktentscheidung dabei auf Basis von Daten. Wir bieten ihnen (Ihnen) ein kreatives und innovatives Umfeld in dem Eigenverantwortung, den Status-quo in Frage stellen und kontinuierliches Lernen im Vordergrund stehen.

Ja, ja - das ist jetzt kleinlich. Der IT-ler an sich legt auf so etwas ja auch keinen Wert.  Ein kurzer Blick auf den Inhalt. Entscheidungen werden aufgrund von Daten getroffen? Das ist ja ganz toll. Der Arbeitswillige ist bislang davon ausgegangen, dass Entscheidungen aus dem Bauch oder  aus dem Beobachten des Vogelflugs heraus getroffen werden. Weiter..

Sie coachen ihre  (Großschreibung bei ' Ihre' wenn man 'Sie' schreibt) Produktentwicklungs- und Marketingteams bei dem aufsetzen ("Aufsetzen"!) von Tests, Dashboard und Analysen. Dabei treiben Sie in ihrer (sic) Enabler-Rolle das selbständige „Messen und Lernen“ der Teams über alle Bereichsgrenzen  hinweg.

Der Sinn? Auf nach weit. Es gibt keine Grenzen. Die Teams sollen getrieben werden.  Yiieehaw! Der Begriff Treiben findet sich mehrfach,  Komma- und Rechtschreibfehler ebenso. Aber das scheint ja Methode zu haben.
Ein Blick auf die Anforderungen:
Erste  Führungserfahrung idealerweise auch in der Matrix von Vorteil
Klar, wir leben alle in der Matrix. Sind wir im Team 'Neo' oder im Team der 'Agents'.  (Was macht der arme Kandidat (w/m), der seine Erfahrungen in "Linie" gemacht hat.  Oder die Matrix-Filme gar nicht gesehen hat?)
So, und schließlich kommen wir zur Auflösung der Frage, was das für Menschen sind, die in dem Unternehmen arbeiten. Die Antwort ist betrüblich: Es sind Deppen, die hartarschig gar nix beim ersten oder zweiten Erklärungsversuch verstehen. Denn der Kandidat (w/m) muss sein:
Exzellenter Kommunikator, gewandt (und ausdauernd) im Erklären komplexer Zusammenhänge

Komplexe Zusammenhänge sind eben nicht jedermanns Sache. Das muss wieder und wieder und wieder erklärt werden ohne Punkt und Komma, damit die Teams endlich mal ihre Bereichsgrenzen überschreiten können. Worum ging es noch mal? Um das Verkaufen von Autos.  Ja früher....

PS: Herzlichen Dank an Simon für den Link zu dieser Jobannonce.