Samstag, 2. August 2014

Berater beraten wen sie wollen.Toll!




Manchmal muss eine schmissige Formulierung her, damit der Laden wieder richtig rund läuft. Wer nicht von selbst auf so eine Formulierung kommt, der kann Beratungsunternehmen engagieren, die so etwas von Haus aus können.
Die FDP ( ja, die scheint es noch zu geben ) hat sich beraten lassen und zwar durch die Boston Consulting Gruppe. BCG ist wirklich überall,  man kann sagen global. Unfassbare Kompetenz, die sie jetzt auch der stark schwächelnden FDP zur Verfügung stellt. Die FAZ schreibt dazu:
"In einem eintägigen Strategieworkshop für das FDP-Präsidium hätten die Berater die Lage der Liberalen analysiert. Eines der Ergebnisse: Die Marke FDP sei noch erstaunlich intakt, die Inhalte müssten im Wesentlichen nicht geändert werden. Herausgekommen sei als neues Leitbild die «Partei, die Chancen ermöglicht», berichtet das Blatt. Dazu müsse die FDP selbst aus dem Jammertal heraus, so das Präsidium."
Ja sauber, das überzeugt wirklich. Eine Partei, die Möglichkeiten ermöglicht. So einen verbalen  Humbug hat man lang nicht mehr gehört. Das ist ungefähr so als wolle man einen Schimmel weiß schminken. Es scheint, FDP und BCG haben den Ehrgeiz, Begriffe aus dem alltäglichen Sprachgebrauch neu zu besetzen. Hier hat man sich nun den schönen Begriff “Möglichkeit” vorgenommen. Bezeichnet Möglichkeit doch einen Vorgang , einen Gegenstand, der möglich wird, gemacht wird. Folglich müssen Möglichkeiten nicht ermöglicht werden, weil sie es bereits sind.  Toll gemacht. Und für so Ergebnis, das sich vollmundig als Leitbild verkaufen will, sitzen Berater und Beratene wenigstens einen Tag zusammen? Haben die keine anderen Hobbys? Muss da nicht mal der Rasen gemäht werden oder der Kühlschrank nachgefüllt.
Das Schöne an Leitbildern bzw. deren Formulierung ist gerade die Unschärfe, das Ungefähre der Aussage. Damit kann man sich bedeutungssinnig in den Schlaf murmeln:" Möglichkeiten ermöglichen. Das heißt ja, wer die Chancen hat, macht sie möglich, wer die Möglichkeiten nicht hat, bekommt sie von der FDP, damit ihm was möglich wird. Die Möglichkeiten wachsen auf Bäumen, man muss nur sein Möglichstes bei der Chancenverwertung tun."
Spätestens nach 30 Minuten ist dann auch der härteste FDP-Leitbild-Murmler weggedämmert.



Dienstag, 29. Juli 2014

Tendenzbetrieb oder die Tendenz im Betrieb




Schon  mal etwas gehört von  'Tendenzbetrieben / -unternehmen' ? Nein? Hier ein kurzer Abstecher zu Wikipedia. Dort ist zu erfahren: Ein Tendenzbetrieb ist ein Betrieb, mit dem der Unternehmer nicht unbedingt oder nicht nur Geld verdienen will, sondern mit dem er ausschließlich bzw. zusätzlich andere Ziele verfolgt, nämlich die im Gesetz erwähnten politischen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Ziele (diese Aufzählung ist nicht vollständig)....
Hin und wieder liest man bei Unternehmern unter kirchlicher Trägerschaft, der Bewerber müsse die Gewähr bieten, dass er die Ziele und moralischen Vorstellungen der jeweiligen Kirche aktiv mitträgt. Beweis sei eine aktive Gemeindearbeit ersatzweise die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche.
Was sind noch Tendenzbetriebe? Parteien. Die haben ja angeblich auch ihre besonderen Weltanschauungen und Zielsetzungen. Und darauf pochen sie, die Parteien. So scheint es undenkbar Pressesprecher der SPD Fraktion zu sein,  wenn man das Parteibuch der NPD hat. (Nur so als Beispiel).
Was noch? Ach ja, Presseunternehmen. So sollten etwa gerade redaktionelle Mitarbeiter der im Springer Verlag erscheinenden Erzeugnisse gegen bestimmte, in der Springer-DNA festgelegte weltanschauliche Grundsätze und Meinungen nicht verstoßen.
Halten wir kurz fest: Es geht um  grundsätzliche Haltungen, die vom Mitarbeiter eingefordert werden und das unternehmerische Credo , nicht  'nur Geld verdienen' zu wollen. Schon auch, aber nicht sooo unbedingt. Man kann Axel Springer ja einiges vorwerfen, aber nicht, dass er als armer Mann von uns gegangen ist.  Axel Springer gilt ja als Erfinder der Bild-Zeitung. Im Verlag und auch in der Öffentlichkeit schreibt sich  BILD - anders als im Logo - stets in Großbuchstaben. Damit ganz klar ist, hier ist nicht das gemeint, was bei Omi über dem Vertiko hängt, sondern die Zeitung. BILD eben.
Und nun liest der Arbeitswillige in der Anzeige eines eHealth-Unternehmens, das einen Texter sucht, mitzubringen sei unter anderem:
"Online Affinität und Begeisterung für Literatur, Film, Humor und BILD"
Die Frage sei gestattet, ob man, wenn man sich für Literatur, die diesen Begriff verdient, begeistert, sich  gleichermaßen für die Bildzeitung erwärmen kann.  Das ist schon ein ziemlicher Spagat.
Viel  quälender ist allerdings die Frage, warum die Begeisterung für diese Boulevardzeitung  die Voraussetzung für ein gedeihliches Arbeitsverhältnis bei dem  Unternehmen  sein soll. Und  wie ließe sich eine derartige Begeisterung nachweisen? Durch auswendigen Vortrag der Schlagzeilen zurückliegender Ausgaben oder dem Vorhandensein eines E-Abos?
Eine dahingehende Mailanfrage des Arbeitswilligen an das zuständige Career-Center bleibt ohne Antwort.