Mittwoch, 1. Juni 2016

Empathie ist eine schöne Sache



'Wir haben eine traurige Nachricht für Sie'. So oder ähnlich schreiben es die Drehbuchautoren den Schauspielern ins Skript, wenn es darum geht, Hinterbliebenen beizubringen, ihr Liebstes, sei leider, leider zu Tode gekommen. In britischen Krimis wird dann in der Regel Tee zubereitet. Bei anderen reicht ein bequemer Stuhl und ein Glas Wasser. Das Überbringen niederschmetternder Nachrichten ist nicht einfach. Es wühlt auf. Vielleicht erzeugt es auch hin und wieder einen Psychoknacks. Das darf man nicht unterschätzen. Auch die Überbringer der Nachrichten bedürfen innerer Aufrichtung. Denn leicht ist es nicht, gebührende Anteilnahme zu signalisieren.
Auch Absagen gehören in die Kategorie der äußerst beklemmenden Botschaften.
Diese Nachricht ereilte den Arbeitswilligen unvermutet beim Öffnen seines elektronischen Postfachs.

"Sehr geehrter Herr Arbeitswilliger,
täglich treffen wir viele Entscheidungen – auch solche, die uns weder leicht fallen noch
angenehm sind: Ihnen heute abzusagen gehört dazu.
Nach sorgfältiger Prüfung aller uns vorliegender Bewerbungsunterlagen konnten wir Sie leider nicht
in den engsten Kreis der Bewerber einbeziehen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass oft nur
Details bei der Besetzung einer Position entscheiden. Für Ihre Bemühungen, die Sie in Ihre Bewerbung investiert haben und insbesondere für das unserem Unternehmen entgegengebrachte Vertrauen, danken wir Ihnen herzlich.
 Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute."

Da ist jemand offenbar sehr, sehr traurig. Das Notwendige zu tun, ist eben nicht immer freudevoll.
Der Arbeitswillige hält es für seine Menschenpflicht, der an ihren unschönen Pflichten Verzweifelnden ein wenig Trost zu spenden. So schreibt er:

' Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank für die Information. Und grämen Sie sich nicht allzu sehr, weil Sie mir absagen mussten.'

Ob es wohl geholfen hat? Frau K. reagiert nicht. Vielleicht auch deshalb, weil sie Wasserglas auf Wasserglas leert.