Freitag, 9. August 2013

Unfug als Standard: Verloren im Dschungel der Online Bewerbung




Da gibt es also ein superprima Unternehmen, nennen wir es acc., das natürlich auf der Suche nach den Allerbesten ist, um die Ansprüche, die dessen anspruchsvolle Kunden haben, vollumfänglich   befriedigen zu können.  Dieses Unternehmen ist selbstverständlich bei der Auswahl möglicher Kandidaten "state of the art". Wahrscheinlich bereits darüber hinaus. Aber über den Wipfeln hochentwickelter Technologie und komplexer Prozesse lauert stets die Möglichkeit  großer Inkompetenz. Bei acc. lauert sie bereits nicht mehr. So will es scheinen. Das Unternehmen schreibt auf seine Fahnen etwas , das in unserer Landessprache so viel heißt wie. "Hochleistung geliefert".  Möglicherweise ist der Prozess der Jobanbahnung dort weitestgehend automatisiert. Vielleicht arbeiten dort - zumindest beim Recruitment Department - auch längst keine vernunftbegabten Menschen mehr. Das wäre eine Erklärung für den Unfug, den das Department anstellt.
(Zur Hintergrundinformation  liest der geschätzte Leser den Blogbeitrag " Neulich im Dschungel-Online Bewerbung" v. 29.Juli 2013)
Dass der Unfug Standard ist, untermauert eine Schilderung, die mir eine Leserin freundlicherweise zukommen ließ. Dr. Sophie K. hatte sich ebenfalls für einen Job bei acc. interessiert, dann aber angesichts des enervierenden Online-Bewerbungsformulars aus dem Prozess abgemeldet.
Wenig später meldete sich Frau R. vom Recruitment-Department bei ihr.

"Sehr geehrte Frau K.
Sie haben sich kürzlich für eine ausgeschriebene Position interessiert und Ihre Bewerbung als "Entwurf" in unserem System hinterlegt. Leider haben Sie Ihre Bewerbung in den letzten 14 Tagen nicht abgeschlossen. Wir gehen daher davon aus, dass Sie derzeit kein Interesse an der ausgeschriebenen Position haben.
 Falls Sie in Zukunft bei Accenture einsteigen wollen, finden Sie auch weiterhin alle aktuellen Stellenangebote auf unserer Karriere-Website. Selbstverständlich können Sie dort jederzeit auf Ihre Daten zugreifen, indem Sie sich mit Ihrem Benutzername und Passwort einloggen.
 Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
 Mit freundlichen Grüßen
 acc
 i. A. A. R."
Nun möchte Dr. K. der Frau R. ein paar Worte und Gedanken zukommen lassen. Naheliegend wäre es hier, ganz simpel die Antwortfunktion im Mailverkehr zu nutzen. Hoppla, das geht aber nicht. Um zu antworten muss Frau Dr. K. eine andere Mailadresse nutzen. Warum das so geregelt ist? Höhere Maschinenlogik? Oder vielleicht einfach nur bescheuert?
Dr. K. mailt nun:

"Sehr geehrte Frau R.,
 ich bin promoviert (s.c.l.), habe einen getesteten IQ von 132 und halte mich nicht mit Dingen auf, die mich langweilen.
 Das umständliche Bewerbungsprocedere fernab jeglicher Usability hat mich über die Maßen gelangweilt, weshalb ich keine Veranlassung sah, noch Zeit darauf zu verschwenden.
Ich stelle mich grundsätzlich nicht hintenan, gehe nicht zu Sammelbesichtigungsterminen und mache keine Massenbewerbungen. Warum auch.
 Letzten Endes entscheide ich, ob ein Anstellungsangebot (IT: Design, Programmierung, CMS, EDV-Trainer, Coach: Time Management, Image Profile, Motivation Inspirement, MTP/Mind Task Performance etc.) für mich interessant sein könnte oder eben nicht. Schließlich kann man nur in dem richtig gut sein, was man liebt. Alles andere mäandert bekanntlich im Mittelmaß.
Falls Sie eine Tätigkeit anbieten können, die interessant für mich sein könnte, kontaktieren Sie mich gerne. Andernfalls eben nicht.
Mit bestem Gruß"

Bei näherer Betrachtung der Antwort von Dr. K. könnte man auf den  Gedanken kommen, Dr. K. sei nicht unbedingt daran interessiert, sich unter allen Umständen bei acc. in einen Bewerbungsprozess einzureihen. acc. gibt jedoch nicht auf. Wenige Tage später bekommt Dr.K. eine Mail:
" Sehr geehrte Frau K.,
Vielen Dank für Ihre Bewerbung bei acc.. Wir bemühen uns ( Ein Komma wäre hier gut platziert.) den Bewerbungsprozess so effektiv wie möglich zu gestalten und hoffen, dass wir Ihre Erwartungen erfüllen konnten.
Wir würden uns daher freuen, wenn Sie uns mitteilen könnten , welche Erfahrungen Sie bisher im Rahmen Ihrer Bewerbung bei acc. gemacht haben."
Was diese Umfrage wissen möchte, steht im Beitrag: "Neulich im Dschungel-Online Bewerbung" v. 29.Juli 2013.
Der Arbeitswillige fragt sich nun, welche Art von Mitarbeitern versucht das Unternehmen, mit dieser Bewerberkommunikation zu begeistern? Und weiter: Welche Art von Mitarbeitern haben die bereits - zumindest im Recruitment-Department? Wer was weiß, darf sich melden.












Dienstag, 6. August 2013

Premium war auch schon mal besser




Heute geht es um eine ganz besondere Art von kleinen Ferkeln und Beutelschneidern. Deren bevorzugtes Biotop ist das Internet. Ihr vorgebliches Geschäftsmodell: Nachfrage und Angebot auf dem Jobmarkt zusammen zu bringen. Das machen viele. Das ist im Grunde auch eine feine, hehre Sache. Diese besondere Spezies ist aber leicht anders. Sie nimmt nämlich Geld  und verspricht dafür Premiumleistungen, wie vorsortierte,  auf den Leib der Arbeitswilligen zugeschnittene Angebote. Hinzu kommen meist auch Legionen von verbündeten Headhuntern, die - nach Zahlung des monatlichen Beitrags - landauf landab nach geeigneten Top-Jobs für den jeweiligen Arbeitswilligen suchen. So lauten die Versprechen. Was ist dran? Ein Beispiel: (Ein weiteres gibt es unter dem Stichpunkt "Autist" in diesem Blog.)
Zwei Tage vor dem Verfassen dieses Beitrags stieß dem Arbeitswilligen ein verlockendes Angebot vor den Hut.  Experteer.de verkündete, ein' Senior Text Designer Change Management' werde gesucht und zwar in München. Gehaltsbenchmark 60K. Ja, da läuft einem doch das Wasser im Munde zusammen. Für so einen Job würde man selbst München in Kauf nehmen. Um mehr zu erfahren, solle man sich aber bei experteer  anmelden. Gefragt, getan. Und tatsächlich nach getaner Tat  wird der  Vorhang , hinter dem sich die Tätigkeitsbeschreibung verbirgt, um ein Kleines mehr gelupft.  Immerhin mehr als 10 Zeilen der Jobdefinition sind zu sehen. Wer mehr will, wer gar den Namen des potenziellen Arbeitgebers erfahren möchte... Tja , lieber Arbeitswilliger, da musst Du schon den Beutel zücken und Premiummitglied werden. Denn nur als solches hast Du Zugang zu den Informationen, die die emsigen Menschen von experteer mit Drohungen, Schmeicheleien, Tüchtigkeit und Bienenfleiß dem potenziellen Arbeitgeber exklusiv für das Premiummitglied  aus dem Kreuz geleiert haben. Also Zähneknirschen und zahlen, schließlich will man sich selbst nicht vorhalten müssen, man habe wegen lächerlicher  € 120 sein Jobglück verpasst? Nein! Der Arbeitswillige setzt auf eine menschliche Eigenschaft - Bequemlichkeit. Er nimmt an, dass die Herrschaften von experteer die Jobbeschreibung nicht eigenhändig umgedichtet haben und gibt Fragmente des Textes in die Suchmaschine ein. Bingo. Als ursprünglicher Jobanbieter entpuppt sich die wohlbeleumundete Firma  acc. . Das aber auch nur, weil das Internet nicht so leicht vergisst. Denn auf deren Jobseite ist der Senior Text Designer nicht zu finden.  Anruf bei der Jobhotline. Guten Tag. Gibt es diesen Job noch? Antwort der Hotlinedame: Nö!  Ach was. Denkt sich der Arbeitswillige. Sollte es vielleicht so sein, dass experteer lediglich Luftnummern für die Lockakquise macht? Anruf bei der Pressestelle der Firma acc. (Tut mir leid, jetzt wird es etwas kompliziert.) Frage:  In welcher Beziehung steht experteer zu acc? Das freundliche Gegenüber des Arbeitswilligen lässt sich die Zusammenhänge erklären, schaut  in sein Terminal, findet die Stelle und sagt: Die ist bereits seit 8 Monaten ausgeschrieben. Seit  8 Monaten nicht besetzt. Aber auch nicht für jedermann (m/w) einsehbar. Jedenfalls nicht über die Textsuchfunktion. Papperlapp. Das ist ne Grille des acc- eigenen Jobportals und schwingt bezüglich experteer nicht den Taktstock.  Der Arbeitswillige fragt nach, ob denn acc. experteer mit der Suche nach geeigneten Kandidaten (m/w) beauftragt habe?
Tags darauf die Antwort des hilfsbereiten Pressesprechers.  Nein, acc. arbeite in keiner Weise mit experteer zusammen. Auch die Gehaltsbenchmarks, die diese angeben, seien Fantasie und Schneegestöber. Wahrscheinlich habe experteer einfach die Anzeigen aus dem  acc.- Jobportal herausgesaugt . Und nein, er wolle Geschäftspraktiken von experteer nicht bewerten.
Das möchte der Arbeitswillige auch nicht tun. Überlässt die Bewertung lieber den geneigten Lesern. Vielleicht gibt es da draußen ja irgendwen, der belegen kann, dass diese Plattformen wie experteer, jobleads & Co etwas anders sind als kostenpflichtige Luftpumpen. Ein PS: Nach etwa 4 Wochen ploppt dieselbe Anzeige wieder bei experteer auf. Diesmal sagt uns Experteer, es habe die Anzeige im April gefunden.  Immerhin. wir haben August und die Stelle bei acc steht seit Anfang des Jahres zur Besetzung. Warum das bei acc so ist? Dazu vielleicht später.