Mittwoch, 17. Juli 2019

Volltrunken durch Websites




Derzeit tapezieren die Brauer des Münchner Spatenbieres die Plakatwände für jeden sichtbar – und so soll Werbung ja auch sein – mit Werbebotschaften. Eine unter anderen ist die arg in die Jahre gekommene gereimte Aufforderung: „Lass Dir raten, trinke Spaten!“ Nun mag mancher oder manche gerne mehr wissen über Spatenbier und was daran so empfehlenswert ist. In solchen Fällen hilft seit geraumer Zeit das Internet. Und richtig. Das Bier hat einen eigenen Webauftritt. Aber so einfach mal herumklicken und Wissenswertes zu sammeln, geht erst einmal nicht. Denn auf der Landingpage findet sich eine Eingabemaske und folgender Hinweis:
„SPATEN unterstützt ausschließlich legalen und verantwortungsbewussten Genuss von Bier. Wir bitten Sie deshalb, zum Besuch dieser Seite zu bestätigen, dass Sie mindestens 18 Jahre alt sind. Bitte geben Sie Ihr Geburtsdatum ein:“
Der Schutz Minderjähriger ist hoch löblich und funktioniert. Wird aus der Datumseingabe ersichtlich, dass der Seitenbesucher vielleicht erst 14 Jahre alt ist, geht es nicht weiter. Dann gibt es weder Informationen noch reizvolle Bilder von Bier im Glas, in der Flasche, im Krug. Wir merken uns in dem Zusammenhang mal das Adjektiv ‚verantwortungsbewusst‘.
Die guten Leute wissen, warum sie eine derartige Vorsichtmaßnahme einziehen. Wie oft hört man von Jugendlichen, die unbeaufsichtigt im Netz surfend auf Darstellungen von Bier gestoßen sind, zu lange bei der Betrachtung verweilten und schließlich sturzbetrunken vom Stuhl kippten. Das ist nicht schön. Ein Tipp an Erziehungsberechtigte. Sollten Sie mit ihren Kindern auf eine Bierwerbung - etwa auf Plakatwänden – treffen, so halten sie den Ihnen Anvertrauten die Augen zu. Es ist erwiesen, dass das Betrachten einer Bierabbildung in jedweder Form den Blutalkoholspiegel junger Menschen steigen lässt. Bereits eine Betrachtungsdauer von 3 Minuten lässt eine Teilnahme am Straßenverkehr mit Fahrrad oder Roller nicht mehr zu.
Soweit fast alles richtig gemacht, Bierbrauer. Leider ist der Bierunternehmer nicht konsequent bei der Wahrnehmung umfassender Verantwortung. Und das hinsichtlich sprachlicher und ästhetischer Bildung. Auf diversen Plakaten ist zu lesen:
Ist das Bier im Kruge leer,
schau im Bart
da ist noch mehr.
‚Bier‘ ist hier das Subjekt des Satzes und das soll leer sein. Bier kann allerdings nicht die Eigenschaft ‚leer‘ annehmen. Folglich ist diese Aussage völliger Blödsinn. Jetzt wird es eklig. Man soll im Bart nachschauen, ob sich dort noch Bier befindet, den Bart auslutschen, um auch das letzte Restchen Bier schlabbern zu können. Oder man soll den Bart auswringen, um den Krug wieder ein wenig zu füllen?
Wohin soll das führen? Unbedarfte noch nicht durchzivilisierte Jungmenschen werden eingedenk dieser Aufforderung auf die Idee kommen, unvorbereitete Bartträger zu überfallen, deren Bärte zu wringen oder auszusaugen, nur um auch an ein wenig original Spatenbier zu gelangen. Das kann ja heiter werden.