Donnerstag, 6. Juni 2013

Hoppla. Menschen sind lernfähig. Auch beim Budget.



Der Arbeistwillige stößt auf Folgendes:

Für unsere Architektenfachtagungen in Köln, Münster, Stuttgart und Heidelberg suchen wir kurzfristig einen erfahrenen Regisseur, Kameramann der stimmungsvolle Imagefilme auf unseren gehobenen Architektenveranstaltungen produziert - Es soll auf den jeweiligen Veranstaltungen die Atmosphäre eingefangen werden und das Material soll anschließend dann in kurzen Filmen (4 Stück a 3 Minuten) verarbeitet werden. (...)Budget liegt bei 2400 Euro gesamt inklusive Spesen für alle 4 Filme! Die ersten Veranstaltungen finden bereits am  X. und Y. Weitere Infos zum Ablauf auf der Landingpage:  www.blabla.com. Bitte bewerbt euch per Mail mit Storyboard und kurzen Beispiel eurer bisherigen Arbeiten! S.R. @ soundso

Bewerbung mit Storyboard. Zur Erklärung. In einem Storyboard steht, was in dem Film zu sehen sein wird. Also Gesprächspartner und was sie sagen (sollen),Szenen, Motive und vielleicht noch die Art der Umsetzung. Wie soll das gelingen, wenn man nicht weiß, worum es geht. Man kann ja mal auf die sogenannte "Landingpage" ( schickes Wort) gehen. Da finden sich  vielleicht wertvolle Infos. Nee, eher nicht. Es finden sich Fotos der Vorjahresveranstaltung. Mehrere Vortragende tragen vor. Irgendwo pampsen Menschen am kalten Buffet. Also belastbare Infos für ein Storyboard eher Fehlanzeige. Aber:
Stimmungsvoll und gehoben. Das sind Termini, auf die der Arbeitswillige gern reagiert. Denn dann wird auch ein Video der gehobenen Qualität erwartet. Und Qualität - das weiß man - ist immer mit  Zeit-, Kosten-, und Personalaufwand verbunden. Der Arbeitswillige überschlägt kurz. Bei gehobenen Ansprüchen braucht man mindestens ein Team.  Einen Regisseur, der auch Interviews führen kann, einen Kameramann mit professioneller Ausrüstung, der es einfach drauf hat, einen Sachverständigen für Licht und Ton. Dieses Team reist zu den jeweiligen Drehorten. Jeweils wird eine Übernachtung fällig. Für den Regisseur kommt dann pro Film noch mindestens ein Tag Postproduktion (Schnitt) hinzu. All das für das Budget von 2400€. Kaum vorstellbar. Darum fragt der Arbeitswillige mal nach.

Sehr geehrte Frau R.,
mit großem Interesse lese ich Ihr Angebot. Das hört sich spannend an. Bevor ich meine Bewerbung konkretisiere, möchte ich eine Frage stellen. Das Budget von 2400€ scheint mir für Reisekosten, Übernachtungen und Spesen etwas knapp bemessen. Es sei denn Sie realisieren sehr günstige Konditionen bei ansprechenden Hotels. Bei Ihren Ansprüchen an die gestalterische Qualität, kommt nur eine Top-Crew in Frage. Und gute Leute stellen auch gewisse Ansprüche zumal an den Komfort ihrer Unterkunft. Selbst wenn ich von einem 3 Personen Team (Realisator, Kamera, Ton) ausgehe, komme ich bei 4 Drehorten auf lediglich 200€ pro Einsatzort. Davon soll dann Anreise, Übernachtung und Verpflegung bestritten werden? Wie gesagt. Eher knapp. Haben Sie da nicht noch etwas Luft in Ihrer Kalkulation?
Mit freundlichen Grüßen

Frau R. mailt zurück:

Hallo Herr Strumpf,
ja, was die Spesen angeht wäre noch etwas Luft.
Falls Ihr Material überzeugt, könnte man darüber sprechen.
 Ich freue mich auf Ihre Unterlagen!
 Herzliche Grüße,
S.R.

Das ist ja erfreulich. Man bleibt also weiter im Gespräch. Ein weiteres Detail harrt noch der Klärung. Der Arbeitswillige mailt.
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre prompte Antwort. Es freut mich zu hören, dass es bei den Spesen jenseits der genannten 2400€ noch Möglichkeiten gibt. Darf ich nun noch erfahren, wie hoch das Budget für die eigentliche Produktion ist (Recherche, Storyboarderstellung, Dreh und Postproduktion)?
Beste Grüße

Diese Nachfrage bleibt ohne Antwort. Tage später findet sich jedoch eine neue, leicht modifizierte Annonce:

Für unsere Architektenfachtagung in Köln suchen wir kurzfristig einen erfahrenen Regisseur, Kameramann der einen stimmungsvollen Film auf unserer gehobenen Architektenveranstaltung produziert - Es soll auf der Veranstaltung die Atmosphäre eingefangen werden und das Material soll dann in einem kurzen Film verarbeitet werden. Ca. 2 Minuten Film inklusive kurzer Interviews mit Dozenten und Teilnehmern BITTE UNBEDINGT EINE PREISVORSTELLUNG ANGEBEN. Die erste Veranstaltung findet bereits am 18.06. in X. statt. Weitere Aufträge auf ähnlichen Veranstaltungen bundesweit möglich. Weitere Infos zum Ablauf auf der Landingpage ...
S.R.

Zwei Dinge hat die Annoncenerstellerin mittlerweile wohl gelernt:
A) Die Erstellung eines Storyboards ist wohl kaum möglich, wenn wesentliche Informationen fehlen.
B) Die Preisfindung überlässt man lieber dem freien Markt. Möglicherweise finden sich ja irgendwelche Abenteurer, die noch unter  dem vormals genannten Budget bleiben.