Freitag, 22. Mai 2015

Durchschnittliche Leidenschaft auf dem Prüfstand




Ein TV-Sender sucht einen Mitarbeiter(m/w) im Bereich Jugendschutz.  Wie man den Job erringt, verrät der Sender bereitwillig.
"So punkten Sie bei XXL II
Überdurchschnittliche Leidenschaft für das aktuelle deutsche TV-Programm".
Zyniker werden jetzt sagen: Deutsches TV Programm und Leidenschaft dafür auf einen Nenner zu bringen, ist unmöglich. Oder eine Frage von Drogen. Aber da kann man sich irren. Vielleicht findet sich unter den vielen Milliarden Menschen auf Gottes grüner Wiese doch jemand,der das Programm sehr,sehr liebhat, der überdies noch die Jugend schützen mag. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um den Terminus " Überdurchschnittliche Leidenschaft." Was ist denn das?  Die freundliche Suchmaschine findet heraus, dass 'Überdurchschnittliche Leidenschaft" gar nicht mal so selten ist.
Beispiele:
"Überdurchschnittliche Leidenschaft zu User Interface Design." (Jobannonce)
"Schon in jungen Jahren entwickelte ich meine überdurchschnittliche Leidenschaft für Mode und Styling." (Selbsteinschätzung eines Friseurs)
"Sie sollten überdurchschnittliche Leidenschaft zur Augenheilkunde mitbringen." (Jobannonce)
"...überdurchschnittliche Leidenschaft für den Bereich Social Media." (Jobannonce)
"Überdurchschnittliche Leidenschaft für die Konsequente Umsetzung neuer technologischer Konzepte ... " (Lockangebot für einen Werkstudenten).
Festzustellen bleibt: Wenn es 'überdurchschnittlich' gibt, dann gibt es auch 'unterdurchschnittlich'. Beides sind Standortbestimmungen in Relation zu einem Dritten:  Dem Durchschnitt.
Für  Menschen, denen der Begriff so nichts sagt, hier eine kleine Erläuterung aus der Lebenspraxis.
Eine Person legt mit dem PKW in 7 Stunden eine Strecke von 640 Kilometern zurück.  Will man nun neugierig ermitteln, wie viel Kilometer sie in einer Stunde  gefahren ist , so teilt man 740 durch 7 und erhält 91,43 Km. Nun fährt unsere Person aber nicht gleichmäßig, sondern hat hier mal einen Stau, dort mal eine Kaffeepause, dort freie Fahrt, schafft   also mal mehr oder weniger Kilometer in der Stunde. Aber durchschnittlich sind das 91,43 Kilometer. Prima,  so etwas kann man messen. Das macht ja auch Spaß, wenn man auch auf anderen Gebieten den Durchschnitt weiß. Etwa das durchschnittliche Körpergewicht  aller Saarländer. Wir erkennen, einem Durchschnitt liegt stets eine Vielzahl von Messungen und Daten zugrunde.
Nun aber zur Leidenschaft. Wie kann man die messen? Vielleicht helfen da die Forschungen der Sexualwissenschaft und Gehirnforschung weiter. Die werden sicherlich durch Messungen von Gehirnwellen  und Hautwiderständen bestimmte  Messergebnisse  zusammengeforscht haben.  Nehmen wir an, eine   Versuchsreihe zeigt  einen Durchschnittswert von 27,83, wobei der Höchstwert der Leidenschaft bei 79,34 der niedrigste Wert bei 2,36 liegt. So kann man sagen 79.34 ist überdurchschnittlich , 2,36 allerdings unterdurchschnittlich. So kann das gehen und hätte auch eine gewisse Aussagekraft.
Derartige Versuchsreihen ließen sich dann auch auf andere Gebiete übertragen. Wie  oben erwähnte Leidenschaftsintensitätsbestimmungen zu Themen wie deutsches TV-Programm , Userinterface Design, gutes Essen, Wein, oder Social Media.
Das Problem : Wie kommen die Kandidaten (w/m) an die Durchschnittsleidenschaftswerte  heran, wie können sie ihre individuellen ermitteln lassen, um dann den Arbeitgebern gegenüber ehrlich behaupten zu können: "Meine Leidenschaft für das deutsche TV Programm   ist dokumentiert durch den Wert von 85,39. Der Durchschnitt liegt bei  1,47. Hier ist das Attest."?
All das lässt sich ja machen. Ist aber sehr aufwändig und teuer. So teuer, dass sich so etwas nur ganz große Spieler am Markt leisten können und sollten. Wäre es zum Bespiel nicht schön, wenn die Deutsche Bank ihren Spruch  'Leistung durch Leidenschaft' pimpen könnte zu ' Überdurchschnittliche Leistung durch überdurchschnittliche Leidenschaft.'  Ja, das wäre mal eine Aussage. Aber bitte erst nach wissenschaftlich fundierten Messreihen.