Donnerstag, 8. Oktober 2009

Bescheiden in Südwestfalen

Großes Glück liegt in der Bescheidenheit

Dieser Tage freut sich der Arbeitswillige über jedwede Art von Resonanz. So auch über diese:

"Sehr geehrter Herr Strumpf,
Sie haben sich bei Z. Marketing, Design & Service beworben
.“

Das ist soweit richtig. Weiter darf der Arbeitswillige lesen:

„Für Ihr Vertrauen in einer der größten Kommunikationsagenturen in Südwestfalen bedanken wir uns.“

Aha, mein Vertrauen ist schon mal da. Das besagt das „ Ihr Vertrauen in einer der größten Kommunikationsagenturen…“ Das Vertrauen des Arbeitswilligen ist bereits in der Kommunikationsagentur so wie man in einer Kneipe steht. Geht das? Hat man nicht gemeinhin Vertrauen in eine Kneipe (pardon:Kommunikationsagentur) und geht dann erst hinein?

Sympathisch ist hier vor allem, dass sich Z. Marketing nicht brüstet, die Größte aller Kommunikationsagenturen zu sein. Man will oder kann sich nicht festlegen. Und sei es auch nur im Vergleich mit anderen Kommunikationsagenturen in der doch relativ überschaubaren Region Südwestfalen. Erweiterte man das Betrachtungsgebiet um – sagen wir – Westwestfalen, welche Position könnte Z. Marketing einnehmen?
Aber immer noch besser einer der Branchengrößen in Südwestfalen sein, als einer unter Vielen in der Region Süd- und Westwestfalen.

Leider nutzte das am Ort der Entscheidung sich bereits aufhaltende Vertrauen rein gar nichts.

„Leider konnten wir Ihre Bewerbung im Aktuellen Bewerbungsverfahren (Aha, ein Eigenname und deshalb großes A.) nicht berücksichtigen.“

Offenbar hat sich das Vertrauen des Arbeitswilligen innerhalb der Kommunikationsagentur dermaßen blöde angestellt, dass man seitens der mit größten Kommunikationsagentur Südwestfalens keine Veranlassung sah, den Inhaber des Vertrauens persönlich kennen zu lernen. Und falls das so sein sollte, dann müsste der Arbeitswillige mal ein ernsthaftes Wort mit seinem Vertrauen reden.

Mag aber auch sein, der Unterzeichnende, immerhin ausgewiesen als Advisor Event&Promotion, hat sich schlicht im Fall vergriffen. Aber ist das denkbar in einer der größten Kommunikationsagenturen Südwestfalens?







Donnerstag, 27. August 2009

Prima Prosa für Arbeitswillige IV

Prima Prosa für Arbeitswillige IV

Sämtliche in der Materie firme Personen und die einschlägige Literatur empfehlen den Arbeitswilligen, sie mögen sich mit dem Unternehmen ihrer Begierde ausführlich befassen und zudem den Fingerzeigen in den Annoncentexten nachspüren.
Was hört man aus dem Reiche Bertelsmann?
Den zur Familie gehörenden TV-Sendern wie RTL, VOX etc. geht es nicht unbedingt Gold. Sparen sei das Gebot der Stunde, und das funktioniere am besten bei den Aufwendungen für das Programm, sagt jemand, der es wissen muss.
Und Bertelsmann sucht für die neu geschaffene Einheit „infoNetwork“ Redaktion „Magazin Spezial“ Redakteure (w/m). Diese Redaktion will die einzelnen Sendungen der Familie mit feinen und passenden Beiträgen versorgen.
Neben den branchenüblichen Anforderungen sticht eine heraus:
Redakteure (w/m) müssen Promi-Affinität mitbringen.
Hier ist nicht der Ort, die Trennlinie zu diskutieren zwischen mehr oder weniger zufällig ins Interesse der Öffentlichkeit gezerrten Tölpeln und Menschen, die das Attribut „prominent“ einigermaßen verdienen. RTL und Co. definieren diese feinen Grenzen nach Bedarf und pragmatisch.
Was aber bedeutet „Affinität“. Der Duden definiert das so: Affinität (nicht chemisch) ist die Wesensverwandtschaft, die Ähnlichkeit und die dadurch bedingte Anziehung.
Der oftmals weise Volksmund würde es schlicht auf den Nenner bringen: Gleich und Gleich gesellt sich gern.
Die Redakteure (w/m), so der Plan, nähern sich ihrem Promi-Sujet auf Augenhöhe, als Promi zu Promi gewissermaßen. Das ist klug und aller Ehren wert; vermeidet diese Grundvoraussetzung Reibungsverluste, da die Redakteure (w/m) – weil ja wesensverwandt – nur in sich hinein horchen müssen, um der oft komplizierten Charakterstruktur eines Prominenten auf die Schliche zu kommen und so deren Wollen und Tun einer interessierten Öffentlichkeit dann einfühlsam zu vermitteln.
Damit nicht genug. Hinter der Affinität verbirgt sich auch ein Königsweg zum Sparen.
Musste man früher die Prominenz dort aufsuchen, wo sie sich tummelte, genügt es in der neu geschaffenen Redaktion „Magazin Spezial“ künftig die Redakteure (w/m) wechselseitig vor die Kamera zu bringen. Denn sie haben ja Wesensverwandtschaft und Ähnlichkeit.
Ein großartiger Spar-Coup. Reise-und Produktionskosten lassen sich herunterfahren. Toll.
Stellt sich die Frage, ob Bertelsmann in dem Redaktionsgebäude auch für eine ausreichende Anzahl an Besenkammern gesorgt hat. Deren Problem.


Donnerstag, 30. Juli 2009

Prima Prosa für Arbeitswillige III

Prima Prosa für Arbeitswillige III

Die Firma fischera. TV sucht einen leitenden Redakteur. Das Anforderungsprofil:

-Text- und Schreibsicherheit.

Schreiben können ist das eine, ob daraus auch ein Text wird, ist nicht immer gewiss.
Klar, da muss sich ein Unternehmen absichern. Weiter:

-Idealerweise Sprech- und Moderationserfahrung.

Der Arbeitswillige erfährt: Sprechen allein genügt nicht. Man möge auch Erfahrung in diesem Bereich mitbringen. Nur, ab wie vielen Jahren aktiven Sprechens, hat man den Stand des Erfahrenseins erreicht? Und ab wann wird das dann ideal.
Doch das sind Kleinigkeiten, die sich im Laufe eines ungezwungenen Gesprächs sicherlich klären lassen.
Heikler ist da schon diese Anforderung:

-Mehrjährige Erfahrung als CvD/abnehmender TV-Redakteur

Abnehmender TV-Redakteur mit Erfahrung. Also Erfahrung im Abnehmen? Impliziert das, man soll auch Erfolge beim Abnehmen vorweisen können? Geht das in Richtung Diätberatung, erfahren getextet und sicher gesprochen? Gilt es, unterschiedliche Diäterfahrungen zu moderieren? Oder verbirgt sich dahinter ganz einfach die Ablehnung dicklicher Menschen?

Wer nicht schreibt bleibt dumm. Also:

Jobangebot: Leitender Redakteur

Sehr geehrter Herr V.,

bis auf eine erfülle ich die Anforderungen für die ausgeschriebene Position in hervorragender Weise. Allerdings wünschen Sie sich „mehrjährige Erfahrung als abnehmender TV-Redakteur.“
Ich darf feststellen, dass ich mein Gewicht seit geraumer Zeit relativ konstant halte. Ich sehe auch nicht den zwingenden Anlass für eine Gewichtsreduktion.
Ich darf davon ausgehen, dass die Position als leitender Redakteur auf Dauer angelegt ist. Somit unterliegt der oder die Redakteur(in) in dieser Zeit dem festgeschriebenen Zwang abzunehmen. Wohin wird das führen? Krankheit und Siechtum sind programmiert.

Von Julius Cäsar, dem seinerzeit recht erfolgreichen Römer, wird folgender Ausruf kolportiert:
„Lasst dicke Männer um mich sein!“ Es ist nicht davon auszugehen, dass der Cäsar Gefallen an stark adipösen Gestalten hatte. Ich lese den Satz so, dass er die Gegenwart von Menschen bevorzugte, die sich vom Diktat des ständigen Abnehmens und der damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Unrast und Übellaunigkeit emanzipiert haben.

Ich denke, Sie werden mir zustimmen: Diese Gemütshaltung ist auch unserer Branche bisweilen zuträglich.

Falls Sie also einen Mitarbeiter suchen, der sich Effizienz und Kreativität bei größtmöglicher Gelassenheit verpflichtet fühlt, freue ich mich über ein Feedback.
Um noch einmal auf das Thema Abnehmen zu kommen. Schauen Sie sich mich doch auf meiner Seite an. Falls Sie zu dem Schluss kämen, ich müsse dringlich abnehmen, (eventuell wegen der sensiblen Statik der fischera. Arbeitsstätte) lassen Sie es mich wissen.

Mit besten Grüßen
Anton Strumpf


Bis dato gab es eine freundliche Eingangsbestätigung, mit der Bitte um Geduld, weil man ja prüfen müsse.

Wir bleiben dran.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Arbeitswillige erweitern ihren Wortschatz durch Korrespondenz

Potenzielle Arbeitgeber verfügen über einen Reichtum an Vokabular, von dem auch der Arbeitswillige durchaus profitieren kann. Hin und wieder teilen die potenziellen Arbeitgeber ihren Wortschatz. Der Arbeitswillige muss lediglich in Korrespondenz zu ihnen treten.
Die Vorgeschichte: Im Laufe eines Jobinterviews bei dem großen Telekommunikationsanbieter mit Sitz in Bonn überließ ich meinem Gegenüber zwei DVDs mit selbstgefertigtem Ansichtsmaterial. Ich verband damit die nicht ganz unbegründete Hoffnung, dass diese vertrauensvoll überlassenen Arbeitsproben ein positives Licht auf meine Qualifikationen werfen mögen und somit die meinerseits im Gespräch geäußerten
Aussagen untermauerten.
Leider konnte sich mein Gegenüber, Herr St. nicht dazu durchringen, die fragliche Position mit mir zu besetzen.
In einer Mail, teilte ich ihm mein Bedauern über das Ergebnis des Besetzungsprozesses mit und bat ihn, mir die DVDs zurück zu senden. Nun enthielten diese zwar keine Daten, aufgrund derer verfeindete Geheimdienste zu weitreichenden Eliminierungen antreten würden …
Aber immerhin – schützenswert waren sie schon.
Keine Reaktion zunächst. Ich wiederholte meine Bitte eine Woche darauf. Keine Reaktion.
Eine Woche später bot ich der Telekom an, die Versand- und Verpackungskosten für die Rücksendung zu übernehmen. Dazu brauchte ich lediglich eine Vorgangs- und Kontonummer.
Diese meine Bereitschaft brachte den Durchbruch. Ich erhielt eine Nachricht:

Subject: AW: Unser Gespräch vom 22.07.09

Guten Tag Herr Strumpf,

noch einmal vielen Dank für unser Gespräch hier in Bonn. Leider kann ich Ihnen die DVDs durch ein Büroversehen derzeit nicht zurücksenden, wofür ich mich nur entschuldigen kann: Sofern Ihnen Kosten entstanden sind, übernehmen wir diese natürlich.

Freundliche Grüße


Klasse. Büroversehen. Was ist das? Vielleicht hilft das Wörterbuch weiter. Aber nein. Büromöbel… Büroschluss und dann geht es weiter mit Bursch.
Auch der Online Duden weiß keinen Rat. Und was ist mit den Alleswissern von Wikipedia. Auch hier nichts. Nur der Hinweis auf einen ähnlichen Begriff: Bürovorsteher.
Woher hat Herr St. nur diesen Terminus. Selbst erfunden? Dann Chapeau, Herr St..
Ne, das ist nicht von ihm. Es kommt aus den unergründlich, kreativen Wortbrutanstalten der Juristerei.
Hier die Definition:

Als Büroversehen werden beispielsweise folgende Vorfälle angesehen:
- Abhandenkommen von Schriftstücken
- Verwechseln von Schriftstücken
- Unrichtige oder vergessene Eintragungen
- Versehentliche Nichtabsendung einer Rechtsbehelfsschrift
- Falsche Adressierung
- Falsche Postleitzahl
Führt ein Büroversehen zu einem Verschulden i.S.d. §110?

In bestimmten Fällen kann der Berater die Fristenkontrolle Hilfskräften übertragen. Haben die Hilfskräfte die Fristversäumnis verschuldet liegt ein Büroversehen vor, welches dem Berater nicht angelastet wird.

Ich lerne: Herr St. ist von jedem Vorwurf freizusprechen. Es waren halt die doofen Hilfskräfte.
Als sehr nobel empfinde ich es, dass er nicht rüde schreibt: Herr / Frau Müller hat es verbockt. Nein, er entschuldigt sich und stellt sich schützend vor seine Hilfskräfte.
Von dieser Haltung können sich viele Chefs eine dicke Scheibe abschneiden. Das macht aber auch sehr traurig, da ich sehr gern im Team eines solchen Vorgesetzten gearbeitet hätte. Die sind ja so selten wie Goldstaub in einem EU-Schlachtbetrieb.

Immerhin habe ich einen tollen, universell einzusetzenden Begriff gelernt.
Müll nicht runtergebracht – Büroversehen.
Vorfahrt missachtet – Büroversehen.
Frist nicht eingehalten – Büroversehen.

Toll. Es ist allerdings darauf zu achten, dass in dem Büro auch tatsächlich Hilfskräfte vorhanden sind.
Bei personallosen Büros ist dieser Begriff mit Aussicht auf Erfolg kaum anzuwenden.

Mittwoch, 22. Juli 2009

Prima Prosa für Arbeitswillige II Ein Unternehmen hat Druck

Prima Prosa für Arbeitswillige II
-Ein globales Unternehmen hat Druck-

Auf der Jobseite der Bundesagentur für Arbeit, die vom Layout immer etwas von Resterampe oder Billigstdiscounter vermittelt, gab es gleich 3 nahezu gleich lautende Annoncen zu besichtigen. Eingestellt von unterschiedlichen Zeitarbeitsfirmen.
Gesucht wurde ein Redakteur/in im Bereich Broadband Video.

Tätigkeitsprofil:

inhaltliche Auswahl, Aufbereitung und Pflege des Angebots, enge Zusammenarbeit(Schnittstelle) mit produktübergreifenden Teams (Produktmanagement, Technik, Design), Optimierung der internen operativenProzesse (PC- und TV-basierte Produkte), Produktweiterentwicklung unter Berücksichtigung von Markt, Wettbewerbs- und Technikentwicklungen.
Anforderungsprofil:
Abgeschlossenes Hochschulstudium oder vgl. Ausbildung, Gespür für redaktionelle Themen und gute journalistische Kenntnisse , sehr gute Kenntnisse im Online und Video Produktionsbereich (z.B. Adobe Photoshop, Content-Management-Systeme), gute Englischkenntnisse, hohes Engagement, Kreativität und Teamfähigkeit .


Auftraggeber sei ein renommiertes, ein international agierendes Unternehmen der Kommunikationsbranche in Darmstadt. Was mag das sein? Die Telekom möglicherweise?
Ja, so ist es, wie ein Anruf bei einem der Zeitarbeiter bestätigt.
Worum es wirklich geht, wird dann mit gesenkter Stimme wie folgt erklärt:
„Sie schauen 8 Stunden täglich Pornofilme und schreiben irgendwelche Bewertungen darüber“.


Illegal ist das ja nicht. Man muss nur ein gewisses Alter erreicht haben. Das signalisiert ja bereits die Anforderung „abgeschlossenes Hochschulstudium“.
Nur, was darf man sich in diesem Bereich unter produktübergreifenden Teams vorstellen? Die erste Assoziation ist sicherlich falsch. Dafür ist das Unternehmen viel zu renommiert.
Auch „Berücksichtigung von Markt, Wettbewerbs- und Technikentwicklungen“ ist
eher formalorganisatorisch und nicht im Wortsinne zu lesen.
Bleibt schließlich noch die Frage, was ein Redakteur letztlich dort machen soll? Ohhhs und Ahhs zählen und beim Überschreiten einer definierten Grenze auf ein statthaftes Maß herunter kürzen?
Hinter dieser Annonce verbirgt sie sich, die Nagelprobe auf die Arbeitswilligkeit. Die Frage ob man Dauerporno zumal in Darmstadt ersprießlich findet, darf sich nicht stellen.
Dennoch gebe ich zu Bedenken: Wahrscheinlich ist diese Tätigkeit kein Sprungbrett für höhere Weihen in dem renommierten Unternehmen.





Samstag, 18. Juli 2009

Jobanzeigen. Prima Prosa für Arbeitswillige

Jobanzeigen. Prima Prosa für Arbeitswillige.
Unternehmen informieren potenzielle Mitarbeiter gerne über die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um für ein etwaiges Engagement in Betracht gezogen zu werden. Diese Texte – ob im Netz oder im Print – zu formulieren ist offenbar mühsam. Sie zu entschlüsseln ebenfalls. Welche Absicht mag sich tatsächlich hinter ihnen verbergen? Gibt es einen Code, der nur der Bruder- oder Schwesternschaft Eingeweihter zugänglich ist? Möglicherweise verhält es sich so. Denn so kann der Bewerberkreis von vornherein enger gefasst werden. Wie das funktioniert (oder auch nicht) - einige Beispiele.

Auf einer Branchenplattform fand ich wiederholt Annoncen einer TV-Produktionsfirma mit Sitz in Köln, die sich vor allem durch eine Gemeinsamkeit auszeichnete:
In wenigen Zeilen haben die einzelnen Annoncen es geschafft, mindestens 2 schwerwiegende Rechtschreibfehler zu versammeln.
Angelegentlich habe ich den Geschäftsführer darauf angesprochen und der sagte ganz launig: Das macht doch nichts. Wir machen Fernsehen. Da kommt es auf so etwas doch nicht an. Außerdem sei das Formulieren derartiger Anzeigen Sache der Praktikanten.
In diesem Falle ist die unausgesprochene Botschaft klar: Für das Fernsehen, wie diese Produktionsfirma es versteht, ist die Beherrschung wesentlicher Kulturtechniken nicht wichtig.

Überaus „sophisticated“ wird es, wenn ausgewiesene Kommunikationsprofis Anzeigen formulieren. Da steht im Anforderungsprofil der namhaften PR-Agentur fischera. folgender Satz:

„Verschreibungspflichtige Medikamente, OTC-Produkte und Gesundheitspolitikgehören zu Ihren Lieblingsthemen."

Soso, verschreibungspflichtige Medikamente! Das ist selbstverständlich eine Aufforderung endlich einmal sein Verhältnis zu derartigen Heilmitteln zu überprüfen.
Aber vielleicht möchte fischera. lediglich die Satirefestigkeit der Kandidaten testen?

Ich schrieb also zurück:

„Sehr geehrte Frau L. ,Ihrem Stellenangebot in "newsroom" entnehme ich, dass Sie jemanden suchen, der oder die verschreibungspflichtige Medikamente zu seinen/ihren Lieblingsthemen zählt.Zitat:"Verschreibungspflichtige Medikamente, OTC-Produkte und Gesundheitspolitik gehören zu Ihren Lieblingsthemen."Verschreibungspflichtige Medikamente als Lieblingsthema sind meiner Meinung nach ein ausgesprochen exotisches Gebiet. Die meisten Bewerber werden auf hartnäckiges Nachfragen Dinge wie gutes Essen, Literatur, Sport, vielleicht Numismatik und dergleichen als Lieblingsthemen einräumen müssen. Mir geht das ähnlich ( ausgenommen Numismatik ). Allerdings muss ich eingestehen, ich kann nicht ausschließen, dass verschreibungspflichtige Medikamente doch zu einem meiner Lieblingsthemen avancieren könnten. Letztlich habe ich sehr gute Erfahrungen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gemacht. Außer bei dem Mal, als sich ein nässender Ausschlag bildete - wo, verrate ich Ihnen aber nicht.Deshalb möchte ich Sie bitten, mir eine Chance zu geben. Im Erfolgsfall gewinnen Sie einen Mitarbeiter, der sich hingebungsvoll mit jeder Faser seines Seins der Sache der verschreibungspflichtigen Medikamente widmet.Über eine Antwort freue ich mich sehr.“

Mit meiner Annahme, fischera. wolle meine Satirefestigkeit abfragen, lag ich allerdings daneben. Frau L. forderte mich nüchtern auf, meine vollständigen Bewerbungsunterlagen zu senden. Danach hörte ich nichts mehr von Frau L. von fischera. Die einfachste Erklärung wäre hier zugleich eine betrübliche.
Die Mädels und Jungs in den HR-Abteilungen wissen weder was sie da formulieren, noch verstehen sie es, Antworten zu lesen.


Dass global agierende Unternehmen wirklich global fühlen, denken und fordern, bekommt der interessierte Arbeitswillige sogleich durch den globalen Duktus des Textes vermittelt. So sucht das große, global aufgestellte TK-Unternehmen mit Sitz in Bonn einen:

„Fach Senior Manager Business Development“

Senior Manager Business Development ist halbwegs verständlich. Was aber bedeutet “Fach”? Selbst durch intensives Studium englisch/amerikanischer Wörterbücher wurde mir der Sinn nicht klar. Gibt es ein derartiges Wort im Englischen überhaupt? Ist das womöglich einer dieser oben bereits erwähnten Geheimcodes? Und wenn ja, wie sprechen die bei der Telekom es aus?
Fäck? Fack?

Unternehmen haben ja auch eine Mission (sprich: mischn). Die fragliche Position – Fack Senior Manager…- ist eingebettet in die Mission „Superior User Experience & Simplicity“. Weiter unten wird es dann noch genauer: Der fragliche „Bereich“ (man hätte auch „department“ texten können) heißt „Content & Media Partnering“.

Zurück zur Mission. Eine Mission zu haben ist klasse und ein „musthave“. Zumal versehen mit dem Attribut „Superior“. Das klingt sphärenschauend und scheint sich um höhere Stufen der Wahrnehmung zu bemühen.
Auf der anderen Seite dann das bodenständige „Simplicity“. Es geht also auch um Einfachheit und Reduzierung und nicht nur um Durchgeistigtes.
Folglich dürfen sich auch reine Simpel angesprochen fühlen?
Nun liegt es ja im Trend, einfache Lösungen finden zu wollen. Die Lebenserfahrung zeigt, dass gerade faule Menschen eher in der Lage sind, einfache Lösungen zu finden, weil direkte, wenig komplizierte Wege ihrem Naturell am ehesten entsprechen. Hingegen verlaufen sich hochmotivierte, fleißige und ehrgeizige Menschen gerne in Detailhubereien. Das hält sie in Bewegung, das lässt sich in ihrer Organisation prima nach oben melden. Das bringt letztlich Renommee.
Aber nein. Produktive Faulheit ist hier nicht gefragt, sondern:

„ Hohes Engagement und Belastbarkeit sowie hohe kommunikative Fähigkeiten“

Fraglos, die Mission „Superior User Experience & Simplicity“ hat was. Um der Mission zum durschlagenden Erfolg zu verhelfen, fehlt aus meiner Sicht allerdings noch die Hinzuziehung des Bereiches (Departments) „Pomp & Circumstance“. Den gibt es noch nicht? Nun aber mal flott! Sonst wird das nichts.

Anton Strumpf freut sich auf Ihre Geschichten.
Als Kommentar oder als Mail an
anton.strumpf@googlemail.com

Freitag, 17. Juli 2009

Geschichten vom Arbeitswilligen

Die Wege von Arbeitswilligen sind gesäumt von Ablehnungen und Absagen potenzieller Arbeitgeber. Nur die allerwenigsten dieser Absagen lassen ein Bemühen erkennen, höflich zu sein, zu erklären und somit den Bewerber in seiner Würde zu belassen.
Die allermeisten hingegen lesen sich als Dokumente von Inkompetenz, Gleichgültigkeit, schlichter Blödheit, oder bestenfalls fehlender Professionalität.

Besonders Spitzfindige mögen hier einwenden: Form und Inhalt derartiger Schreiben seien keine Fehlleistungen. Nein, eher finde sich hier Fürsorge und Sympathie für den abgelehnten Bewerber. Denn aus der Tonalität der Absage könne der abgesagte Arbeitswillige auf das Arbeitsumfeld in dem jeweiligen Unternehmen schließen. Und das stelle sich eben so mies dar, damit die Trauer des Abgelehnten ein wenig gemildert werde; vielmehr sei es ein Glücksfall für den Abgelehnten, nicht in so einem Unternehmen arbeiten zu müssen.
An dieser Sichtweise mag etwas dran sein. Ich glaube das allerdings nicht.

Ich möchte einige Beispiele anfügen. Den Anfang macht ein global aufgestelltes Unternehmen mit Sitz in Leverkusen. Es ging um eine Position im Bereich der internen Kommunikation. Nach einem etwa zweistündigen Vorstellungsgespräch mit den Herren Sp. und B. erhielt ich folgende Mail

„Ihre Bewerbung als … (m/w) vom x. September

Sehr geehrte/r Frau/Herr Strumpf,
vielen Dank für Ihre Bewerbung. Sie hat uns sehr gut gefallen. Wir
haben uns jedoch für eine/n andere/n Mitbewerber/in entschieden.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihren weiteren Berufsweg.
Mit freundlichen Grüßen
B. Direct Services GmbH
Team Source, Select, Separation“

Ich war ein wenig irritiert, denn während des Gespräches hatte ich – glaube ich – keine Zweifel an meiner geschlechtlichen Identität (männlich) aufkommen lassen. Ich bat um erklärende Worte und erhielt folgende Antwort. (Rechtschreibefehler stammen nicht von mir.)

„Sehr geehrter Herr Strumpf, zuerst einmal möchten wir uns für die anonyme Form der Absage entschuldigen. Die Entscheidungsfindung ging schneller als erwachtet. Somit kam die Entscheidung für Sie früher als erwachtet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu den Gründen der Entscheidungsfindung keine Aussage treffen. Die uns von Ihnen überlassenen Ansichtssachen werden wir Ihnen schnellstmöglich zukommen lassen.
Mit freundlichen Grüßen

B. „

Ob Mann oder Frau? Dies zu entscheiden tut sich nicht nur der Weltkonzern aus Leverkusen schwer:


„Sehr geehrter Herr Strumpf,
Zunächst bedanken wir uns herzlich für Ihre Bewerbung und möchten uns gleichzeitig für die sehr verspätete Antwort entschuldigen.

Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir den Bewerbungsvorgang abgeschlossen und uns für eine/n andere/n Bewerber/in entschieden haben.

Wir bedauern, Ihnen keinen positiven Bescheid geben zu können. Die späte Rückmeldung bitten bitten wir nochmals höflichst zu entschuldigen.

Für Ihre weitere berufliche Zukunft wünschen wir Ihnen viel Erfolg und alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen

(CC) GmbH“

Das ist arg. Sie haben jemanden eingestellt und wissen nicht ob Mann oder Frau. Mein Rat, einfach mal nachzufragen, blieb ohne Antwort.

Deutlich die Latte des Zuträgliche gerissen hat auch folgende Absage:

„Bewerbung bei lettra


Sehr geehrte NAME,

vielen Dank für Ihre Bewerbung und Ihr damit verbundenes Interesse an einer Mitarbeit bei lettra. Die Auswahl der großen Anzahl an Bewerbungen auf unsere Stellenanzeige hat mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen erst heute antworten können.
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie nicht in den engeren Bewerberkreis einbezogen haben, da wir uns auf Kandidaten konzentrieren, die unserem Anforderungsprofil noch besser entsprechen.

Wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche und persönliche Zukunft alles Gute und verbleiben

mit freundlichen Grüßen“

Mitunter bekommt man auch möglicherweise geheime Botschaften zugesandt wie in diesem Text:

„ Sehr geehrter Herr Strumpf,
wir haben die Möglichkeit (…. der Folgetext war gespickt mit Zeichen wie br oder <>< und endete )...
Mit freundlichen Grüßen

PleX Central Recruiting.“

Ich frage mich, was mach br <>/ bei PleX? Vielleicht der Verfasser / die Verfasserin des Schreibens. Vielleicht, denn eine Unterschrift fehlt.

Sehr beliebt sind bei Absagen auch Standardformulierungen wie: „Aufgrund der großen Zahl an Bewerbungen bitten wir Sie um Verständnis dafür, dass wir uns nicht für Sie entscheiden konnten.“
Sätze wie diese sind in sich so logisch wie die Behauptung: Aufgrund der vielen Autobahnbaustellen, bitten wir Sie um Verständnis, dass die Apfelernte in diesem Jahr nicht das Volumen des Vorjahres erreicht.
Ambivalent sind diese Sätze überdies. Einerseits ist es ein schönes Gefühl: Man ist nicht allein im Universum, sondern hat viele Gefährten und Gefährtinnen, die sich zu demselben Ziel aufmachten.
Andererseits schwingt darin auch mit: Ihr blöden Arbeitswilligen. Ihr tretet an in Armeestärke. Macht uns so viel Mühe. Wir haben in der HR-Abteilung eh schon so viel zu tun. Wir wissen ob der Belastung weder ein noch aus. Wir haben es gar nicht einfach. Bitte weint mit uns und habt Verständnis.


In einem Fall hat mich eine Absage sehr verunsichert:

„Sehr geehrter Herr Strumpf,

vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und Ihre Bewerbung.

Leider können wir diese im weiteren Personalisierungsprozeß nicht mehr berücksichtigen.

Bis dahin wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Suche nach einer neuen Herausforderung.

Mit freundlichen Grüßen
K.V. Interim Services GmbH “
Was ist ein Personalisierungsprozeß? Das wollte ich wissen und fragte nach:
Sehr geehrte Frau K.,

danke für Ihre Nachricht. Gestatten Sie mir zwei Fragen:
- Wo hat es geklemmt?
- Was ist ein Personalisierungsprozeß ?
Ist das im weitesten Sinne der Prozess, durch den man zu einer Person wird? Und falls ich mit meiner Vermutung richtig liegen sollte, werde ich dann im Falle einer Nichtmehrberücksichtigung zu einer Nichtperson? Gilt das dann auch für mein privates Umfeld oder nur für die DTAG.
Sie werden verstehen, dass mich das sorgt. Ich bitte um ein paar erklärende Worte.

Mit freundlichen Grüßen“

Keine Antwort von Frau K.


Keine Antwort ist auch die Regel, wenn es darum geht Annoncentexte richtig zu verstehen.

„Subject: Ihre Anzeige "Junior Producer"

Sehr geehrte Frau R.,

in Ihrer Anzeige las ich folgende Anforderung:

"Ihre Englischkenntnisse sind genauso gut wie Ihre MS-Office-Kenntnisse"

Heißt das: Bewerber, die weder Englisch noch MS-Office-Kenntnisse aufweisen können, sind Ihnen auch willkommen?

Mit freundlichen Grüßen“

Ach, Anzeigentexte. Das ist wirklich ein eigenes Kapitel bei den Geschichten vom Arbeitswilligen.
Später.


Anton Strumpf freut sich auf Ihre Geschichten.
Als Kommentar oder als Mail an
anton.strumpf@googlemail.com