Mittwoch, 3. April 2013

Haare spalten




Lust darauf, zwei bis drei Haare zu spalten?
Manchmal ist sich der Arbeitswillige selbst ein wenig unheimlich, wenn er  an sich gewisse Empfindlichkeiten  entdeckt. Dann möchte er sich zur Ordnung rufen und sagen: Nu lass mal gut sein. Das sind doch alles verzeihbare  Kleinigkeiten.  Aber dann...
stößt der Arbeitswillige auf die Annonce einer Agentur aus Hamburg. Was macht die?
Seit 20 Jahren berät die L&P  ihre Kunden in allen Fragen der Unternehmenskommunikation. Unser Portfolio erstreckt sich auf die Bereiche Markenentwicklung, Public Relations und Text, Kreation und Onlinekommunikation.  
Gut, die Agentur gehört , wie sich später herausstellen wird, zu der Liga der Ziemlichgeilen. Und darum haben sie auch Kunden.
Unsere Kunden stammen aus verschiedenen Branchen und variieren vom Klein- bis hin zum mittelständischen Großunternehmen.
Nun kann man das Verb variieren in diesem Zusammenhang ruhig ein wenig ansprüchlich finden. Warum schreibt die Agentur nicht klar und einfach:  Zu unseren Kunden zählen/gehören/sind... Oder:
Unsere Kunden sind...
'Mittelständische Großunternehmen'. Was mag das sein? Alles außer DAX?
Die Agentur scheint auch noch mindestens eine Parallelexistenz zu haben. Sie schreibt:
Als Agentur freuen wir uns über regelmäßige Auszeichnungen: Im Qualitätsranking des pr magazins belegten wir unter Deutschlands PR-Agenturen den...
Soso,  als Agentur freut man sich. Kann sich eine Agentur freuen? Und wenn sich die Agentur freut, was macht dann der Rest? Zur Erläuterung:  Der Arbeitswillige ist als Arbeitswilliger bereit und willens, Geld zu verdienen. Der Arbeitswillige als Kunstinteressierter freut sich eher über einen feinen Theaterabend  oder ein Konzert, eine Ausstellung.  Mit anderen Worten:  Als XY - damit wird stets eine Position definiert, die aber nur Teil einer weiteren Dimension ist.  'Als Agentur' ist die eine Position.  Eine mögliche andere wäre: Als völlig arrogante Bande von Marketingfuzzis gehen uns solche Auszeichnungen selbstverständlich am Arsch vorbei.
Ist es so schwer zu schreiben: L&P freut sich... oder wir freuen uns, sind stolz e.a.
Wie schon erwähnt Haarspaltereien.
Haarspalterei Nr.3:

Ein Erfahrener Junior-Berater  wird gesucht.

Der Arbeitswillige nahm bislang an, es sei ein Merkmal des Junior -Beraters, dass es ihm an Erfahrung fehlt. Hätte er die Erfahrung, dann wäre er  Berater und nach einer Weile wohl Senior- Berater.  Was verlangt wird ist letztlich, Erfahrung haben mit dem Zustand des Kaum-Erfahrung-Habens.  Möglicherweise geht es auch hier nur um das liebe Geld. Man möchte einen erfahrenen Berater zum Tarif eines Juniors. Kann man versuchen.

Bleibt zu hoffen, dass die Kunden der Agentur solche Anzeigen nicht lesen und auf die allgemeine Qualität der  Agenturleistungen rückschließen. Mag aber auch sein, das geht so durch.


Dienstag, 2. April 2013

Worte wollen wirken




Jetzt soll aber nicht immer nur gemeckert werden. Es gibt auch Jobannoncen, die die vornehmsten Saiten im Arbeitswilligen zum Klingen bringen. Besonders superschön wird das - weil  unerwartet, wenn die Jobannonce von einem eher nüchtern ingenieursgetriebenem Unternehmen kommt, das seinen potenziellen Neumitarbeitern mit folgendem Statement  und  eher persönlichen Fragen anspricht.

Worte wirken
Genießen Sie schöne Sprache …
… und suchen Sie solange bis die Formulierung sitzt?
 Dann möchten wir Sie kennenlernen!

Worte wirken. Die Feder ist mächtiger als das Schwert - das dürfte allseits bekannt sein.
Vertrackter wird es mit dem Genießen von schöner Sprache. Allein die Formen von Genießen sind derart vielfältig:  das stille, das freudige, das jauchzende, das intellektuelle, das sinnliche, das erotische...
Und weiter, was ist schöne Sprache? Jaja das Italienische so musikalisch, das Französische so wohltönend, das Englische so pragmatisch. Aber kann man die auch genießen mit dem Wörterbuch auf den Knien. Verlassen wir Europa und wenden das Ohr in ferne Weltgegenden. Es soll ja Menschen geben, die "Urdu" als schön empfinden. Der Arbeitswillige gehört nicht zu diesem Kreis. Denn er versteht kein Wort Urdu und kann es folglich auch nicht genießen.
Der Arbeitswillige fokussiert sich ganz pragmatisch nur auf seine Muttersprache und findet Beispiele von Sprache, die er wirklich genießen kann. Deshalb gibt es auf diese Frage ein fettes JA - allen  theoretischen und vielleicht auch fruchtlosen Bedenkenverästelungen zum Trotz. Allein, was hat der mögliche Arbeitgeber davon, wenn der Arbeitswillige genießt. Er soll ja auch etwas tun: Suchen bis die Formulierung sitzt. Uii das kann dauern, bis eine Formulierung vor dem kritischen Auge des Sprachgenießers Bestand hat, weil der zukünftige Mitarbeiter ja aufgefordert ist, seinerseits schöne Sprache zu erzeugen. Schöne Sprache ist halt mühsam. Und braucht seine Zeit. Davon können die Größen der Schönsprache, unsere Dichter etwa, ein Lied singen .
Es sei denn, das Genießen hat mit dem professionellen Formulieren nichts zu tun. Aber wie das nun konkret gemeint ist, lässt sich ja beim Kennenlernen klären.  Bis dahin pflegt der Arbeitswillige seine schöne Seele. Denn schöne Seelen haben schöne Gedanken und die schlagen sich mitunter in schöner Sprache nieder. Die Botschaft an das Unternehmen: Der Arbeitswillige wäre gern dabei.