Donnerstag, 27. März 2014

Kästchen, Häkchen und grüne Pickel




Um ihre Arbeitswilligen kennen zu lernen und womöglich besser miteinander vergleichen zu können, nutzen  Unternehmen, größere zumal, mit wachsender Begeisterung  Eingabemasken. Kästchen, Häkchen, Daten, Angaben zur Person .... alles hat seinen rechten Platz, damit der HR-Gewaltige flugs einen Überblick über Wesen und Qualität der Arbeitswilligen erhält. Das ist schön für das suchende Unternehmen. Die Arbeitswilligen hingegen fühlen -  mit solcherlei  Firlefanz konfrontiert - Nierensteine wachsen, wenn nicht Schlimmeres wie sich spontan bildende grüne Pickel im Gesicht und anderswo.  Wohlmeinende Unternehmen wissen das, stecken allerdings in dem Dilemma, dass sie einerseits die Persönlichkeit des Bewerbers erschnüffeln mögen, andererseits aber durch die kleinen elektronischen Helferlein sich den anstrengenden Auswahlprozess etwas milder gestalten wollen und müssen.  Ein wohlbeleumundetes Unternehmen nimmt Kandidaten freundlich den Anfangsunmut und weist darauf hin, die Ausfüllung  der Erfassungsbögen erfordere allerhöchstens 15 Minuten. Das sei ja angesichts der zu erwartenden Wohltaten kein Zuviel an Investition.  Nun hat sich das Unternehmen auch Gedanken gemacht, wie denn etwa das unbedingt erforderliche Dokumentieren des beruflichen und ausbildungsgemäßen Werdegangs erleichtert werden könne. Zu Recht geht das Unternehmen davon aus, das Lebensläufe in Form von Word Dokumenten oder PDFs bei den Arbeitswilligen in  ausgereifter Form vorhanden seien. Diese händisch in die Kästchen der Maske zu übertragen, das müsse ja nicht sein. Einfach den CV hochladen und eine prima, tolle Software namens "p...." besorge den Rest, erkenne den Sinn und passe das CV-Geschwurbel  in die vom Unternehmen gewünschten Kästchen. Allerdings fehlt nicht der zarte Hinweis, dass das Ergebnis dieser Übertragung noch des kontrollierenden Blicks des Kandidaten / der Kandidatin bedarf. Dieser Hinweis ist durchaus berechtigt. Die Sache klappt keineswegs. Überhaupt nicht. Ein und dieselbe Berufsstation wird mehrfach ausgewiesen, Tätigkeitsprofile nicht richtig zugeordnet. Was tun? Klar, alles per Hand korrigieren. Und so wird aus einem versprochenen Viertelstündchen schnell eine ganze mit Widerwillen gefüllte. Gut, Texterkennung gehört auch nicht zur Kernkompetenz des Unternehmens. Bei Akkuschraubern, Bohrmaschinen und technischen Spitzenprodukten sind sie definitiv besser.

Dienstag, 25. März 2014

Nur schlimmer ist schlimmer




Eine Lektion hat der Arbeitswillige kürzlich gelernt. Man schließe nie von der durchaus witzigen und originellen Werbung, mit der das Unternehmen auf sich aufmerksam macht, auf das Unternehmen selbst.  Vorsingen in der Zentrale der großen Baumarktkette H. Dem Arbeitswilligen gegenüber die junge Frau W. im adretten Businesskostüm als Abgesandte der HR-Macht und der bereits ältere eher  in sich ruhende, legere Herr T., der Fachvorgesetzte.  Mit Frau W. hatte der Arbeitswillige bereits kurz telefoniert,  um ein Detail beim Jobanbahnungsprozess  zu erfragen.  Die Frage allerdings  könne sie nicht beantworten, so Frau W. am Telefon. Sie sei lediglich die Personalsachbearbeiterin und überdies noch nicht lange im Unternehmen.  Na, macht ja nix. Immerhin mailt die Personalsachbearbeiterin später, die Bewerbung des  Arbeitswilligen habe großes Interesse hervorgerufen und nun wolle man den Menschen dahinter kennenlernen. Ob das denn ginge. Ja, das geht. Und so kommt es zu  dem Treffen. Frau W. übernimmt. Sie spricht sehr, sehr schnell in höherer Tonlage, bleibt fast ständig auf einem recht lauten Level. Frau W. zeigt, dass sie etwas versteht  von strukturierter Gesprächsführung und teilt dem  Arbeitswilligen auch gleich mit, was den Arbeitswilligen in den kommenden Minuten erwartet.  Das ist doch mal schön, denkt sich der Arbeitswillige. Da wird nicht planlos geplauscht. Nein, das hat einen inneren Aufbau. Und dieser Aufbau folgt ehernen Regeln, wie sie in der einschlägigen Literatur wohl als 'Best Practice' erlernbar ist. Gerade bei jüngeren HR-Abgesandten, deren Lebenserfahrung  mit noch nicht allzu viel Menschenkenntnis geschmückt ist, sind als Theorie erworbene Strukturen von unschätzbarem Wert. Die Gesprächsstruktur erläutert Frau W. dann so: Erst werde sie fragen. Bei den Antworten nähme sie sich allerdings das Recht heraus hin und wieder "hineinzugrätschen". Dann wolle Herr T. fragen, wobei sie und Herr T.  eventuell wieder "reingrätschen" werden. Dann könne der Arbeitswillige auch noch was fragen. Das Interview beginnt. Ob denn dem Arbeitswilligen etwas Besonderes an der Jobannonce aufgefallen sei?  Der Arbeitswillige kann das nur verneinen. Rechtschreib-  und Grammatikfehler hat er nicht gefunden. Meint sie vielleicht den Claim, "Sie wollen mehr bewegen als einen Bürostuhl" ? Ist der womöglich von ihr und sie möchte dafür gelobt werden?  Der Arbeitswillige kann nur feststellen, dass die Anforderungsbeschreibung  höchst deckungsgleich mit seinen Qualifikationen sei, deshalb habe er sich schließlich auch beworben. Da grätscht sie aber dazwischen. Es müsse doch irgendetwas geben, dass  die Jobhabenwollen-Saite im Arbeitswilligen zum Schwingen gebracht habe. Der Arbeitswillige kann sich nur wiederholen und hofft, dass das Thema Annonce nun abgeschlossen sei. Nun geht es flugs an die dicken Bretter.Und das ,liebe Mitarbeitswillige, ist wirklich ein Genieblitz der Kandidatenausfragekunst. (Tusch) Die Frage: Was den Arbeitswilligen denn dazu bewegen könnte, den Job bereits nach 3 Monaten wieder hinzuwerfen? Prima Frage. Vielleicht der in vier Monaten nach Arbeitsantritt erfolgende Weltuntergang? Das sagt der Arbeitswillige natürlich nicht, sondern lächelt die Frau W. erstaunt ob dieses  Gedankenkonstrukts freundlich an. Woraufhin sie wieder grätscht. Man einigt sich auf Sachverhalte wie Mobbing und cholerischer Chef. (Wobei beide Parteien wissen und wünschen, dass so etwas selbstverständlich außerhalb der  konkreten Gegebenheiten liegt.) Und dann kommt sie. Die Killerfrage aus der Brühe des absolut  dämlichen HR-Nachwuchs-Fragenkatalog. Haben Sie Schwächen? Oh ja, antwortet der Arbeitswillige. Er habe eine große Schwäche für exzellente Arbeitsergebnisse. Nein, nein so sei das nicht gemeint, barmt  Frau W. und fährt fort: "Wir rufen jetzt Ihre Frau an, was würde die sagen, was denn an Schwächen so zu finden ist."  Der Arbeitswillige antwortet: " Meine Frau hebt nicht ab, bei Telefonnummern, die sie nicht kennt." So sei sie nun einmal. Eine verzeihliche Marotte. Er könne ihr aber gern sein Mobile zur Verfügung stellen, denn an der Antwort seiner Frau sei auch er interessiert. Frau W. grätscht noch das ein oder andere Mal. Dann referiert der Herr T. ein wenig, behandelt Konkretes aus dem Arbeitsalltag. Dann ist das Gespräch vorüber.  Einige Tage später eine Absagemail  aus dem Floskelbaukasten. Unterschrieben hat die weder Herr T. noch Frau W. sondern " HOxxxxx Baumarkt AG / HR Deutschland".
Wer ist denn das nun wieder? Mit Personen dieses Namens hat der Arbeitswillige nicht gesprochen. Ist das stillos, ungezogen oder einfach nur feige? Letzteres wahrscheinlich. Wenn schon keine Gründe für Ablehnungen genannt werden, darf man schon verlangen, dass die Gesprächspartner, mit denen man einige Zeit verbracht hat, zu ihrer Entscheidung stehen, das vertreten können und mit ihrem Namenszug auch dokumentieren. Oder?