Dienstag, 30. August 2016

Jugendafine Jobannoncen.




• Du bist flexibel und wechselnde Arbeitszeiten sind keine Herausforderung für Dich
• Du bist kein Hater
So steht es unter anderem im Anforderungskatalog der Firma St. Zu vergeben ist ein Studentenjob. Der- oder diejenige soll kurze Videoclips aus Agenturmaterial zusammenfrickeln, mit einem Text versehen und zur Veröffentlichung bringen. Aufgeweckte Studierende dürfen sich angesprochen fühlen – ausgenommen sind Hater. Was ein Hater ist, weiß Wikipedia:
‚Jeder Hater ist im Grunde seines Herzens ein Troll. Als Troll bezeichnet man allgemein alle Benutzer, die Kommentare, Videos oder Spams mit dem einzigen Ziel erstellen, andere Nutzer zu verwirren oder zu verärgern und (meist negative) Reaktionen hervorzurufen. Erstaunlich viele Internet-Nutzer halten das für eine besonders feine Art des Humor.‘ (Aha. Was ebenfalls zu lernen ist: Wikipedia hat Schwierigkeiten mit dem Genitiv.)
Für negativ gestimmte Personen mit destruktivem Humor ist bei St. kein Platz.

Sonntag, 19. Juni 2016

Mit Fremdworten punkten




Neulich verhedderte sich beim Versuch mit dem Fahrrad von der Muckibude aus  zu starten  der Sporttaschenriemen des Arbeitswilligen  im Lenker eines anderen Fahrrads. Es kam zu unvorteilhaften Verknotungen. Der Arbeitswillige  benötigte eine kleine Weile, um die Gemengelage aus schwindender Balance, verkeilten Fahrradgestellen und den Gesetzen der Schwerkraft  in seinem Sinne wieder aufzudröseln. Nur drei Schritte vom Ort des Geschehens widmeten sich zwei baseballbekappte Endteens ihren Smartphones, ohne  dem Arbeitswilligen in seiner leicht misslichen Situation zur Hilfe zu kommen.  Der Arbeitswillige wandte sich mit einem fröhlichen „Vielen Dank für Eure Hilfe“ an die Jungmänner.  Der eine antwortete:“ Wobei hätten wir helfen sollen?“
Der Arbeitswillige: „Vergiss es, schon vorbei.“
Der Eine: „Ja,ja, die Jugend von heute.“
Darauf der Arbeitswillige: „ Es geht nicht um die Jugend von heute, sondern um den Unterschied zwischen Aufmerksamkeit, Was- In-Der- Birne-Haben und solipsistischer Dumpfheit.“
Sprachs und radelte davon. Offenbar war den Jungmannen die Kombination von solipsistisch mit Dumpfheit nicht bekannt. So erkannten sie  nicht sofort die leicht herabsetzende  Aussage des Arbeitswilligen als unmittelbar zu ahnende Beleidigung. Vielleicht mussten sie ‚solipsistisch‘ erst googeln.
 


Mittwoch, 1. Juni 2016

Empathie ist eine schöne Sache



'Wir haben eine traurige Nachricht für Sie'. So oder ähnlich schreiben es die Drehbuchautoren den Schauspielern ins Skript, wenn es darum geht, Hinterbliebenen beizubringen, ihr Liebstes, sei leider, leider zu Tode gekommen. In britischen Krimis wird dann in der Regel Tee zubereitet. Bei anderen reicht ein bequemer Stuhl und ein Glas Wasser. Das Überbringen niederschmetternder Nachrichten ist nicht einfach. Es wühlt auf. Vielleicht erzeugt es auch hin und wieder einen Psychoknacks. Das darf man nicht unterschätzen. Auch die Überbringer der Nachrichten bedürfen innerer Aufrichtung. Denn leicht ist es nicht, gebührende Anteilnahme zu signalisieren.
Auch Absagen gehören in die Kategorie der äußerst beklemmenden Botschaften.
Diese Nachricht ereilte den Arbeitswilligen unvermutet beim Öffnen seines elektronischen Postfachs.

"Sehr geehrter Herr Arbeitswilliger,
täglich treffen wir viele Entscheidungen – auch solche, die uns weder leicht fallen noch
angenehm sind: Ihnen heute abzusagen gehört dazu.
Nach sorgfältiger Prüfung aller uns vorliegender Bewerbungsunterlagen konnten wir Sie leider nicht
in den engsten Kreis der Bewerber einbeziehen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass oft nur
Details bei der Besetzung einer Position entscheiden. Für Ihre Bemühungen, die Sie in Ihre Bewerbung investiert haben und insbesondere für das unserem Unternehmen entgegengebrachte Vertrauen, danken wir Ihnen herzlich.
 Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute."

Da ist jemand offenbar sehr, sehr traurig. Das Notwendige zu tun, ist eben nicht immer freudevoll.
Der Arbeitswillige hält es für seine Menschenpflicht, der an ihren unschönen Pflichten Verzweifelnden ein wenig Trost zu spenden. So schreibt er:

' Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank für die Information. Und grämen Sie sich nicht allzu sehr, weil Sie mir absagen mussten.'

Ob es wohl geholfen hat? Frau K. reagiert nicht. Vielleicht auch deshalb, weil sie Wasserglas auf Wasserglas leert.







Dienstag, 9. Februar 2016

Ein Wettbewerb, ein Wettbewerb. Juchhee!!!




Was macht man, wenn Dinge in die falsche Richtung laufen oder  untragbar werden? Genau, man veranstaltet einen Wettbewerb, damit  sich da etwas verbessert.  Das ist prima. Dem Gewinner winken dann Prestige und bei der Preisverleihung gibt es Urkunden, Pokale und Schnittchen, Geld. Mal Hand aufs Herz. Wettbewerbe jeglicher Art sind eine feine Sache.
Nehmen wir etwa jurierte Sangeswettbewerbe wie DSDS oder Voice of Germany. Hatten und haben sie nicht einen segensreichen Effekt auf das Singen in der Öffentlichkeit?
Vor Jahren noch war das allgemeine Singen für jedermann (w/m) verbannt in  finstere Karaokelokale. Heute ist die Sangeskultur auf  einem erstaunlichen bisweilen auch erschreckendem Niveau. Ob in Parks, öffentlichen Verkehrsmitteln, in Gaststätten, Supermärkten und auf der Straße. Überall singt und klingt es. Es ist eine Pracht. Manch einer geht sogar so weit, dass er oder sie sich ein  Playback via Mobile und Kopfhörer verfügbar macht, um lauthals mitzusingen. Vielleicht mit dem Ziel für einen Auftritt vor einer Jury zu trainieren. Wir sehen: Hier haben Wettbewerbe geholfen, einen Missstand aufzugreifen und in positive Bahnen zu lenken.
Wo liegen Sachen sonst noch im Argen? Da muss man nicht lange suchen.  Die Qualität von Absageschreiben wird als stark optimierbar identifiziert. Und auch hier gibt es dazu eine passende Ranking-Show:
Nur Übelwollende mögen darüber streiten, ob derartige Wettbewerbe wirklich einen positiven Effekt auf die hierzulande darbende Kultur des Absageschreibens haben.  Das lernen wir aus dem Beispiel von DSDS und Co.
Langfristig werden so auch preisgekrönte Formulierungen des Wettstreits Eingang finden in Absagetextgeneratoren wie: http://www.absage-bewerbung.de/absagen-generator-absagen-individuell-zusammenstellen/
Wenn jetzt noch der Name des Aspiranten korrekt geschrieben wird, dann lohnt sich so ein Wettbewerb allemal.