Samstag, 16. Mai 2015

Tanz das Allgemeine Gleichstellungsgesetz !




Gar nicht selten, da packt den Arbeitswilligen eine Art Mitleid mit den Unternehmen. Immer dann wenn er wünschen muss, dass das Unternehmen über hellere Kerzen am Leuchter verfügt, als jene, die in der Personalabteilung trübe vor sich hin blaken. Dieser Wunsch gilt diesmal besonders der Firma K-Consulting mit Firmensitz in einer rheinischen Großstadt.

Frau M. schreibt dem Arbeitswilligen:
"Nach eingehender Prüfung Ihrer Bewerbungsunterlagen müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie nicht in den engeren Bewerberkreis einbeziehen konnten.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass bei vielen guten und qualifizierten Bewerbern oft nur Details entscheiden."

Darauf der Arbeitswillige:
"Sehr geehrte Frau M.,
bedauerlich. Können Sie die ‘Details’, die zu einer Ablehnung geführt haben, ein wenig näher erläutern?
Vielen Dank"

Frau M:
"...leider mussten wir Ihnen die Mitteilung machen, dass wir Ihre Bewerbung nicht in den engeren Bewerberkreis einbeziehen konnten. Wir bedanken uns jedoch ausdrücklich bei Ihnen für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und die Mühe, die Sie sich mit Ihrer Bewerbung gemacht haben. Bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass wir anlässlich des am 18. August 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) keine Absagen auf eingegangene Bewerbungen begründen."

Wow, das ist mal ein Service. Unter dem gefetteten 'Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz' verbirgt sich ein Link zu der Seite einer Anwaltssozietät. Diese versteht sich unter anderem als Stoßtruppe gegen den Missbrauch des AGG durch windige, übelwollende Bewerber. Der Arbeitswillige erhält tiefere Einblicke in die Unternehmensmentalität und erfährt auf der Anwaltsseite:

"Beherzigen Sie folgende Tipps, um sich vor AGG-Hopping zu schützen:
  • Achten Sie in Bewerbungsunterlagen auf besonders hervorgehobene Diskiminierungsmerkmale.(sic! Hier zeigt sich eine R-Schwäche)
  • Gehen Sie in Ihren Absagen nicht auf diese Merkmale ein.
  • Benutzen Sie Standardformulierungen ohne jede Angabe von Gründen die zur Absage geführt haben.
  • Das Gleiche gilt für Feedback-Gespräche! Wählen Sie Ihre Worte Weise (sic!) und halten Sie sich mit gutgemeinten Tipps und Ratschlägen lieber zurück.
Da ein Bewerber 2 Monate Zeit hat um Ansprüche vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen, sollten Sie Bewerbungen 2 Monate aufbewahren, um Gründe für die Ablehnung darlegen zu können.
§1 Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG): Ein Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht aufgrund seines Geschlechts, seiner Rasse, seiner Schwerbehinderung, seiner ethnischen Herkunft, seiner Religion, seiner Weltanschauung, seiner sexuellen Identität oder seines Alters benachteiligt werden." (sic!)

Das bedeutet:
1. Wenn die Anwaltskanzlei ihre Fälle genauso abhandelt wie ihre Rechtschreibung und ihren Satzbau, arbeitet sie schlampig, flüchtig und hat mangelndes Fachwissen.
2. Das AGG ist in der Realität  nicht viel mehr als eine Luftnummer, weil Unternehmen es mit einigen pfiffigen Wendungen aushebeln können. Und die findet man im Internet unter anderem auch auf der Seite der Anwaltssozietät.

Der Arbeitswillige:
"...vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie sagen mir: Die Gründe für die Ablehnung seien eben solche, die nach dem, von Ihnen angeführten AGG nicht statthaft sind. Mit anderen Worten haben Sie mich aufgrund meiner religiösen oder sexuellen Orientierung, alternativ meiner Nationalität oder meines Alters abgelehnt. Andere Gründe sind ja ohne Konfliktpotenzial zu nennen. Ich bitte um eine kurze Erklärung. "

Frau M:
 nein, das haben wir nicht.
Wir haben das AGG nur zum Anlass genommen eine Grundsatzentscheidung bezüglich der Begründung von Absagen zu fällen und uns dafür entschieden prinzipiell Abstand von jeglichen Ausführungen bezüglich Gründen, die zur Absage geführt haben, zu nehmen.

Der Arbeitswillige:
"Sehr geehrte Frau M.
 schön, dass sich Ihr Unternehmen bemüht, den Auswahl- und Besetzungsprozess gesetzeskonform zu gestalten. Erlauben Sie mir jedoch, Ihre Argumentation für einigermaßen ‘originell’ zu halten. Zumal Sie mit dem gefetteten Link auf die Seite einer Anwaltskanzlei verweisen, die ihren Service bei der Abwehr von sogenannten ‘AGG-Hoppern’ anbietet. (Musterabsagen , die auch ich erhalten habe, finden sich dankenswerter Weise ebenso auf der Page der Kanzlei.) Folglich stellen Sie wohl sämtliche Bewerber (w/m) unter den Generalverdacht des ‘AGG-Hoppings’. Wie Sie wissen, sind Kriterien im AGG eindeutig definiert. Sollte sich also der Ablehnungsgrund, die Ablehnungsgründe außerhalb dieses Katalogs befinden, hätten Sie auch keine Veranlassung, diese zu verschweigen. Der Umkehrschluss ist leider auch naheliegend. Ich halte es für ein Gebot der Fairness und der Höflichkeit, Bewerbern konsistente Gründe für eine Ablehnung zu nennen."