Dienstag, 29. Oktober 2013

Die große Verlockung: 250.000€



"Möchten Sie Ihre Kompetenzen einbringen, um das Wachstum eines innovativen Unternehmens weiter auszubauen? Dann sind Sie genau richtig. Unser Klient ist einer der führenden und beliebtesten Arbeitgeber in seinem Bereich. Zur Fortsetzung der erfolgreichen Wachstumsstrategien suchen wir Sie als engagierten Teamplayer mit Führungsqualitäten."

Aber selbstverständlich möchte das der Arbeitssuchende. Keine Frage. Nur was soll er tun und bei wem? Ersteres ist leicht beantwortet. Es wird gesucht ein(e) "Fahrer/in Vorstand".  Aha, als Fahrer braucht man Führungsqualitäten. Und Teamplayer? Wenn man mit ein oder zwei Passagieren im Auto herumfährt, kann man das schon als Team bezeichnen.  Aber das Wo ist noch nicht klar. Darüber schweigt sich das Jobangebot aus.  Aus gutem Grund.  Denn mit dieser Geheimniskrämerei verdient das Jobportal  Job L. Geld. Um den Arbeitgeber genannt zu bekommen, mögen die Arbeitswilligen doch bitteschön Mitglieder werden.  Premiummitglieder, um genau zu sein.  Und das kostet.  In diesem Falle scheint die  Investition durchaus lohnend.  Die Annonce verspricht:
" Gehaltsbenchmark: ab 250.000"
Nun haben die guten Leute bei Job L. allerdings den Firmensitz mit angegeben. Findig ,wie der Arbeitswillige nun einmal ist, bemüht er mit diesen dürren Angaben verschiedene Suchmaschinen. Und siehe da, der Arbeitgeber lässt sich ermitteln.  Es ist das namhafte Unternehmen Sch.. Dorthin wendet sich der Arbeitswillige und trägt vor, dass er die ausgeschriebenen Position gern bekleiden würde, zumal die Vergütung von 250.000 plus seinen Vorstellungen deutlich entgegenkäme.  Sie erscheine ihm in seinem Falle - so führt der Arbeitswillige aus - auch angemessen, denn so ein Vorstand wolle sicherlich während langer Autofahrten nicht nur über Projekte und Zahlen plaudern, sondern vielleicht auch über Kunst, Gesellschaft, Politik. Man wisse ja, dass Vorstände an sich weithin interessierte Menschen seien.  Mit Gesprächen über derartige Themen hielten sich Vorstände intellektuell beweglich. Intellektuelle Geschmeidigkeit sei ein großes Plus in der Geschäftswelt. Hier als Gegenüber zu fungieren, sei dem Arbeitswilligen Freude und Ansporn. Hier habe er viel zu bieten. Falls gewünscht auch in drei Sprachen. Das Gesamtpaket als Fahrer und Gehirntrainer sei folglich jeden Cent wert.
Das Gegenüber beim Recruitment Department mag der Argumentation des Arbeitswilligen um ein Kleines zwar folgen, fragt schließlich aber schnöde, woher der Arbeitswillige denn die Information über das Entgelt habe. Bereitwillig nennt der Arbeitswillige seine Quelle.
Zwei Tage später meldet sich das Unternehmen Sch. wie folgt:

"Dieses Problem mit den Jobbörsen ist grundsätzlich bekannt. Wenn unsere Personalabteilung entsprechende Anzeigen findet, prüft sie, ob es sich um Kooperationspartner von Jobbörsen handelt, mit denen Sch. zusammenarbeitet. Ist dies nicht der Fall, bekommt sie eine Aufforderung zur Unterlassung. Falls dem nicht nachgekommen wird, schaltet die Personalabteilung unsere Rechtsabteilung ein. Im Falle von Job L. wird unsere Personalabteilung umgehend dafür sorgen, dass die unbeauftragten Anzeigen entfernt werden. Die 250.000 € sind natürlich völlig aus der Luft gegriffen."

Die Enttäuschung ist groß. Wem in dieser Welt ist noch zu trauen? Sicher nicht den Jobbörsen, die mit derartigen Verlautbarungen arglose Arbeitswillige verleiten wollen, eine Premiummitgliedschaft abzuschließen.