Mittwoch, 24. November 2021

Jobannoncen richtig lesen. Heute: Der Bürohund

 


"Du denkst 360° und liebst Brainstormings? Und du hast Lust auf eine kreative, international agierende Agentur mit Bürohund?"

So lesen sich die ersten Sätze der Jobannonce einer Agentur. Wichtiges immer an den Anfang. So ist es Brauch.  Folglich ist der Bürohund bedeutungsvoll, weil an prominenter Stelle erwähnt. Man könnte diese Information als fürsorgliche Warnung für Allergiker oder Phobiker nehmen. Hmm? Da scheint aber mehr dahinter zu stecken. Vielleicht eine negative Konnotation wie bei Büromensch oder Bürohengst. Wohl eher nicht. Aber welche Funktion hat ein Bürohund im Agenturumfeld? Was für ein Leben führt er? Darf er etwa in der Grünanlage defäkieren, mit  Artgenossen herumtollen, seine Botschaften an Bäumen hinterlassen? Oder ist er auf seine Funktion als Stimmungsaufheller reduziert, indem er Mitarbeiter und Kunden fröhlich und gelassen begrüßt, nach einem verbockten Pitch seinen Kopf auf den Schenkel des oder der Gescheiterten legt und durch sprechende, tröstende Blicke kommuniziert: Es gibt nichts, was sich durch ein Leckerli nicht wieder einrenken ließe. Möglicherweise kann er auch gute oder schlechte Eigenschaften und Qualifikationen neuer Jobkandidat:innen erschnüffeln und seine Erkenntnisse  durch sein Verhalten kundtun. Das wäre eine neue und unbestechliche Methode beim Recruiting. Wie auch immer. Es gilt, sich mit so einem Bürohund gut zu stellen. An ihm kommt so leicht niemand vorbei. (siehe Cerberus).

Der Verfasser dieser Zeilen bat die Agentur um ein Foto des Hundes. Schließlich möchte man wissen, mit wem man es zu tun hat.

(Motivbild: Ausschnitt des Gemäldes ‚Tom waits II‘ mit freundlicher Erlaubnis von Claire Mesnil)

Sonntag, 14. November 2021

Lockdown. Ein abgewirtschafteter Begriff

 


Was Marie Antoinette mit dem Lockdown zu tun hat? Dazu weiter unten mehr. Die Politik hat derzeit ein großes Problem. In jüngerer Vergangenheit gab es Versprechen wie: Nie wieder Lockdown oder Lockdown nicht mit uns. Mit zunehmenden Corona Inzidenzen erscheinen derartige Versicherungen zunehmend obsolet. Der Begriff Lockdown ist verbrannt, unangenehm, schädlich. Wie der sich schon anhört. Wie eine Melange aus sich schließender Panzertür und  Schlag in den Magen. Ein neuer muss also her. Einer der nicht derart negativ besetzt ist, sondern frisch, positiv und hoffnungsfroh klingt. Anders ließen sich erforderliche Maßnahmen Bürgerinnen und Bürgern nicht vermitteln.

Nehmen wir etwa eine Kombi aus vacation und vacination. Mit zwei Doppelpunkten vereint sich das zu: vac:iana:tion. Allerdings ist das wieder etwas Fremdsprachliches. Nicht gut.

Alle, insbesondere PR-Schaffende sind aufgefordert, bei der Begriffsfindung mitzuwirken. Wie wäre es mit Winterruhe, Besinnungszeit, Entspannungsphase, dahoam is dahoam, to hus is best und dergleichen mehr. Weitere Vorschläge erwünscht. Ziel derartiger Maßnahmen (vormals bekannt als Lockdown) ist ja, das Gesundheitssystem nicht zu sprengen. Marie Antoinette hätte vermutlich mit dieser Problematik konfrontiert geäußert: ‚Warum bleiben die Menschen nicht einfach gesund?‘

 Ach, man könnte leicht den Kopf verlieren ob der Komplexität der Problematik.  Ein neuer Begriff wäre aber schon mal ein Schritt in die gute Richtung.

 

Donnerstag, 11. November 2021

Karneval in Zeiten der Infektion

Eine Kölner Lokalzeitung lobt originelle Kostüme am 11.11. und beweist angesichts  eines  heftigen Anstiegs der Corona-Infektions-Zahlen  skurrilen Humor und/oder eine gewisse Geschichtskenntnis . Die Oberbürgermeisterin sagt, man habe sehr genau abgewogen und gestatte die frohgemuten Aktivitäten nur Geimpften und Genesenen. Das Pestdoktorenkostüm bedient hingegen andere Assoziationen.

 


 

Sonntag, 7. November 2021

Ein Witz und seine Folgen. Halloween Nachbetrachtung.

Beginnen wir mit dem Witz.

Ein katholischer.Priester, ein evangelischer. Pastor und ein Rabbi diskutieren über den Beginn menschlichen Lebens. Kath: Das menschliche Leben beginnt mit der Befruchtung der Eizelle.
Evang: Das menschliche Leben beginnt mit dem Einnisten der befruchteten Zelle in die Plazenta.
Rabbi: Das menschliche Leben beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Ein absoluter Partycrasherwitz. Zumal wenn man den in einer Runde mit jungen Eltern erzählt. Dann teilen sich die Reaktionen wie weiland das Rote Meer. Die eine (kleinere Gruppe) schmunzelt Zustimmung , die andere ist empört. Letztere gehören in der Regel zur Fraktion derjenigen, die Elternratgeberrundbriefe beherzigen. Im Vorfeld von Halloween ging ein solcher durch die 'Social Mediä' mit der Aufforderung, man solle die Kleinchen bei ihrer Süßes-sonst-gibts-Saures--Bettellei auf gar keinen Fall mit Zuckerkram beglücken. Vielmehr solle man ihnen Möhren-,Apfel, oder Gemüseschnitze mit auf den Weg geben. Man kann so viel falsch machen bei so etwas. Außerdem sind die Halloween Gaben stark an das jeweilige Wohnumfeld gekoppelt. Machen wir einen Ausflug nach München Grünwald. Grünwald darf als Beispiel für Wohngegenden stehen, wo die schwer Begüterten hausen, wo die Wahrscheinlichkeit, von einem Bentley überfahren zu werden, deutlich höher ist, als von einem Opel umgenietet zu werden.

Kinder klingeln. Das Schmiedeeiserne Tor öffnet sich langsam. Die Kinder ziehen zielstrebig die gepflegte 200 Meter lange Auffahrt hinauf zum Hauseingang und intonieren: Süßes - sonst gibts Saures.
Ein salopp aber teuer gekleidetes Paar öffnet und spricht wie folgt: Na, ihr lieben Harry Potters, Monster und Feen, habt Ihr denn schon alle das neue I-Phone?'
Ohne eine Antwort abzuwarten, macht sich die Dame des Hauses daran, die Smartphones zu verteilen. Kurze Pause dann...
Kind 1: Das ist ja blos ein 12er. Das 13er ist jetzt neu.
Kind 2: Das hat ja nur 64 Gig Speicher.
Kind 3: Wir dürfen kein Apple. Mein Papa findet Apple doof. Wir haben alle das neue 'One'
Frau zum Mann: 'Hubert, ich hab#s Dir doch gesagt. Alter Knauser.
Zu den Kindern: ' Mögt Ihr denn einen garantiert glutenfreien Haferkeks? 

Kinder grußlos ab.

Tja, man kann so viel falsch machen. Auch wenn man beste und angemessene Absichten hat.

Samstag, 30. Oktober 2021

Schlüpfriges und 'fürzuam'

Hier ein Kleinod kölscher Dialogfinesse.

Ort der Handlung: Der Wein Shop des Vertrauens. Kunde hat eine Flasche Sekt ausgesucht und will nun mit Karte zahlen. Der Verkäufer nimmt die Karte entgegen, hält sie auf das Kartenlesegerät.

Kunde: Ne, die iss noch fürzuam Reinstecken. Die fürzuam Drauflegen habe ich aber schon.

Verkäufer führt die Karte ein. Der Kunde tippt seine Pin ein. Ein Pieps erklingt und der Kunde nimmt flugs die Karte wieder an sich.

Verkäufer: Sie haben zu schnell rausgezogen. Nochmal bitte.

Kunde: Passiert mir oft.

Verkäufer: Kinder?

Ok. Etwas sacken lassen und weiter mit dem universellen ‚fürzuam‘. ‚Fürzuam‘ ist elegant und effizient. Man hört es etwa an der Brottheke:

Kundin zeigt auf die Vollkornbrotlaibe: Frollein, tun se mir zwei. Ein fürzuam einfrieren.

Das heißt, die Kundin setzt die Verkäuferin darüber in Kenntnis, dass sie nicht so verfressen sei, dass sie – die Kundin – zwei Laibe vor dem Verfallsdatum gierig reinschlingt. Vielmehr deutet sie kluges Bevorraten an. Natürlich hätte sie sagen können: Bitte geben Sie mir zwei Vollkornbrote. Eines davon gedenke ich einzufrieren. Wir sehen ‚fürzuam‘ ist hier knapp und gut.

Hin und wieder hört man auch: Komm. Fürzuam Kaffeetrinken. Heißt: Ich lade Dich ein, mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken.

Andernorts sagt man wohl: Komm mit aufen Kaffee. Auf einen Kaffee! Gute Güte. Was sollen die Eingeladenen auf der Tasse denn tun? Sich wie ein Klacks Sahne verhalten. Wie viel präziser wird da alles mit ‚fürzuam‘. Zumal man sich auch nicht um Groß- oder Kleinschreibung kümmern muss.