Gar nicht selten, da packt den Arbeitswilligen eine Art
Mitleid mit den Unternehmen. Immer dann wenn er wünschen muss, dass das
Unternehmen über hellere Kerzen am Leuchter verfügt, als jene, die in der
Personalabteilung trübe vor sich hin blaken. Dieser Wunsch gilt diesmal
besonders der Firma K-Consulting mit Firmensitz in einer rheinischen Großstadt.
Frau M. schreibt dem Arbeitswilligen:
"Nach eingehender Prüfung Ihrer
Bewerbungsunterlagen müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie nicht in
den engeren Bewerberkreis einbeziehen konnten.
Bitte haben Sie
Verständnis dafür, dass bei vielen guten und qualifizierten Bewerbern oft nur
Details entscheiden."
Darauf der Arbeitswillige:
"Sehr geehrte Frau
M.,
bedauerlich. Können Sie
die ‘Details’, die zu einer Ablehnung geführt haben, ein wenig näher erläutern?
Vielen Dank"
Frau M:
"...leider mussten wir Ihnen die Mitteilung machen, dass wir
Ihre Bewerbung nicht in den engeren Bewerberkreis einbeziehen konnten. Wir
bedanken uns jedoch ausdrücklich bei Ihnen für Ihr Interesse an unserem
Unternehmen und die Mühe, die Sie sich mit Ihrer Bewerbung gemacht haben. Bitte
haben Sie auch Verständnis dafür, dass wir anlässlich des am 18. August 2006 in
Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) keine Absagen auf eingegangene Bewerbungen begründen."
Wow, das ist mal ein Service.
Unter dem gefetteten 'Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz' verbirgt sich ein
Link zu der Seite einer Anwaltssozietät. Diese versteht sich unter anderem als
Stoßtruppe gegen den Missbrauch des AGG durch windige, übelwollende Bewerber.
Der Arbeitswillige erhält tiefere Einblicke in die Unternehmensmentalität und erfährt
auf der Anwaltsseite:
"Beherzigen
Sie folgende Tipps, um sich vor AGG-Hopping zu schützen:
- Achten Sie in Bewerbungsunterlagen auf besonders hervorgehobene Diskiminierungsmerkmale.(sic! Hier zeigt sich eine R-Schwäche)
- Gehen Sie in Ihren Absagen nicht auf diese Merkmale ein.
- Benutzen Sie Standardformulierungen ohne jede Angabe von Gründen die zur Absage geführt haben.
- Das Gleiche gilt für Feedback-Gespräche! Wählen Sie Ihre Worte Weise (sic!) und halten Sie sich mit gutgemeinten Tipps und Ratschlägen lieber zurück.
Da ein Bewerber 2 Monate Zeit hat um Ansprüche
vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen, sollten Sie Bewerbungen 2 Monate
aufbewahren, um Gründe für die Ablehnung darlegen zu können.
§1 Allgemeines
Gleichstellungsgesetz (AGG): Ein Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht
aufgrund seines Geschlechts, seiner Rasse, seiner Schwerbehinderung, seiner ethnischen
Herkunft, seiner Religion, seiner Weltanschauung, seiner sexuellen Identität
oder seines Alters benachteiligt werden." (sic!)
Das bedeutet:
1. Wenn die
Anwaltskanzlei ihre Fälle genauso abhandelt wie ihre Rechtschreibung und ihren
Satzbau, arbeitet sie schlampig, flüchtig und hat mangelndes Fachwissen.
2. Das AGG
ist in der Realität nicht viel mehr als
eine Luftnummer, weil Unternehmen es mit einigen pfiffigen Wendungen aushebeln
können. Und die findet man im Internet unter anderem auch auf der Seite der
Anwaltssozietät.
Der
Arbeitswillige:
"...vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie sagen mir: Die Gründe für die
Ablehnung seien eben solche, die nach dem, von Ihnen angeführten AGG nicht
statthaft sind. Mit anderen Worten haben Sie mich aufgrund meiner religiösen
oder sexuellen Orientierung, alternativ meiner Nationalität oder meines Alters
abgelehnt. Andere Gründe sind ja ohne Konfliktpotenzial zu nennen. Ich bitte um
eine kurze Erklärung. "
Frau M:
nein, das haben wir
nicht.
Wir haben das AGG nur zum Anlass genommen eine Grundsatzentscheidung
bezüglich der Begründung von Absagen zu fällen und uns dafür entschieden
prinzipiell Abstand von jeglichen Ausführungen bezüglich Gründen, die zur
Absage geführt haben, zu nehmen.
Der Arbeitswillige:
"Sehr geehrte Frau M.
schön, dass sich
Ihr Unternehmen bemüht, den Auswahl- und Besetzungsprozess gesetzeskonform zu
gestalten. Erlauben Sie mir jedoch, Ihre Argumentation für einigermaßen
‘originell’ zu halten. Zumal Sie mit dem gefetteten Link auf die Seite einer
Anwaltskanzlei verweisen, die ihren Service bei der Abwehr von sogenannten
‘AGG-Hoppern’ anbietet. (Musterabsagen , die auch ich erhalten habe, finden
sich dankenswerter Weise ebenso auf der Page der Kanzlei.) Folglich stellen Sie
wohl sämtliche Bewerber (w/m) unter den Generalverdacht des ‘AGG-Hoppings’. Wie
Sie wissen, sind Kriterien im AGG eindeutig definiert. Sollte sich also der
Ablehnungsgrund, die Ablehnungsgründe außerhalb dieses Katalogs befinden,
hätten Sie auch keine Veranlassung, diese zu verschweigen. Der Umkehrschluss ist
leider auch naheliegend. Ich halte es für ein Gebot der Fairness und der
Höflichkeit, Bewerbern konsistente Gründe für eine Ablehnung zu nennen."
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