Ein TV-Sender sucht einen Mitarbeiter(m/w) im Bereich
Jugendschutz. Wie man den Job erringt,
verrät der Sender bereitwillig.
"So punkten Sie bei XXL II
Überdurchschnittliche
Leidenschaft für das aktuelle deutsche TV-Programm".
Zyniker werden
jetzt sagen: Deutsches TV Programm und Leidenschaft dafür auf einen Nenner zu
bringen, ist unmöglich. Oder eine Frage von Drogen. Aber da kann man sich irren.
Vielleicht findet sich unter den vielen Milliarden Menschen auf Gottes grüner
Wiese doch jemand,der das Programm sehr,sehr liebhat, der überdies noch die Jugend
schützen mag. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um den Terminus " Überdurchschnittliche
Leidenschaft." Was ist denn das? Die freundliche Suchmaschine findet heraus,
dass 'Überdurchschnittliche Leidenschaft" gar nicht mal so selten ist.
Beispiele:
"Überdurchschnittliche Leidenschaft zu User
Interface Design." (Jobannonce)
"Schon in jungen Jahren entwickelte ich meine
überdurchschnittliche Leidenschaft für Mode und Styling." (Selbsteinschätzung eines
Friseurs)
"Sie
sollten überdurchschnittliche
Leidenschaft
zur Augenheilkunde mitbringen." (Jobannonce)
"...überdurchschnittliche
Leidenschaft
für den Bereich Social Media." (Jobannonce)
"Überdurchschnittliche
Leidenschaft
für die Konsequente Umsetzung neuer technologischer Konzepte ... " (Lockangebot
für einen Werkstudenten).
Festzustellen bleibt: Wenn es
'überdurchschnittlich' gibt, dann gibt es auch 'unterdurchschnittlich'. Beides
sind Standortbestimmungen in Relation zu einem Dritten: Dem Durchschnitt.
Für
Menschen, denen der Begriff so nichts sagt, hier eine kleine Erläuterung
aus der Lebenspraxis.
Eine Person legt mit dem PKW in 7
Stunden eine Strecke von 640 Kilometern zurück.
Will man nun neugierig ermitteln, wie viel Kilometer sie in einer
Stunde gefahren ist , so teilt man 740
durch 7 und erhält 91,43 Km. Nun fährt unsere Person aber nicht gleichmäßig,
sondern hat hier mal einen Stau, dort mal eine Kaffeepause, dort freie Fahrt,
schafft also mal mehr oder weniger
Kilometer in der Stunde. Aber durchschnittlich sind das 91,43 Kilometer. Prima, so etwas kann man messen. Das macht ja auch
Spaß, wenn man auch auf anderen Gebieten den Durchschnitt weiß. Etwa das durchschnittliche
Körpergewicht aller Saarländer. Wir
erkennen, einem Durchschnitt liegt stets eine Vielzahl von Messungen und Daten
zugrunde.
Nun aber zur Leidenschaft. Wie kann man
die messen? Vielleicht helfen da die Forschungen der Sexualwissenschaft und
Gehirnforschung weiter. Die werden sicherlich durch Messungen von
Gehirnwellen und Hautwiderständen
bestimmte Messergebnisse zusammengeforscht haben. Nehmen wir an, eine Versuchsreihe zeigt einen Durchschnittswert von 27,83, wobei der
Höchstwert der Leidenschaft bei 79,34 der niedrigste Wert bei 2,36 liegt. So
kann man sagen 79.34 ist überdurchschnittlich , 2,36 allerdings
unterdurchschnittlich. So kann das gehen und hätte auch eine gewisse
Aussagekraft.
Derartige Versuchsreihen ließen sich dann
auch auf andere Gebiete übertragen. Wie
oben erwähnte Leidenschaftsintensitätsbestimmungen zu Themen wie
deutsches TV-Programm , Userinterface Design, gutes Essen, Wein, oder Social
Media.
Das Problem : Wie kommen die Kandidaten
(w/m) an die Durchschnittsleidenschaftswerte
heran, wie können sie ihre individuellen ermitteln lassen, um dann den
Arbeitgebern gegenüber ehrlich behaupten zu können: "Meine Leidenschaft
für das deutsche TV Programm ist dokumentiert durch den Wert von 85,39. Der
Durchschnitt liegt bei 1,47. Hier ist das
Attest."?
All das lässt sich ja machen. Ist aber
sehr aufwändig und teuer. So teuer, dass sich so etwas nur ganz große Spieler
am Markt leisten können und sollten. Wäre es zum Bespiel nicht schön, wenn die
Deutsche Bank ihren Spruch 'Leistung
durch Leidenschaft' pimpen könnte zu ' Überdurchschnittliche Leistung durch
überdurchschnittliche Leidenschaft.' Ja,
das wäre mal eine Aussage. Aber bitte erst nach wissenschaftlich fundierten Messreihen.
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