Es tobt der Kampf der Generationen. Keine Frage. Zahllose Studien
versuchen, die aktuellen Generationen in griffige Kategorien zu pressen,
allgemeingültige Eigenschaften der jeweiligen Alterskohorten zu definieren bzw.
Etiketten zu verpassen. Ziel ist es wohl, Erklärungsmuster zu finden, wie sich
die Merkmale der jeweiligen Generationen im (Arbeits-)leben vor dem Hintergrund
ihrer Zukunftsfähigkeit und hier insbesondere dem allumfassenden digitalen
Wandel mit den damit einhergehenden Anforderungen verhalten. Diese Fragen und
Ergebnisse finden ein breites mediales Echo. Als ein Beispiel sei hier ein
Artikel auf Bento, dem Jugendprogramm des Nachrichtenmagazins ‚Spiegel‘
angeführt.(https://www.bento.de/future/karriere-ueberholt-generation-z-die-generation-y-millennials-a-244c7a06-3717-4808-8808-7f7b08fe2bcc#refsponi )
Die Publikationen dokumentieren einen auffälligen Konsens mit der Grundannahme, zukunftsfähig seien lediglich die Individuen der Generation, die digital kann.
Bei allen anderen Generationen gerät die Daseinsberechtigung zunehmend in
Auflösung, weil sie den Anforderungen des digitalen Ökosystems nicht mehr
genügen. (Das mag auch daran liegen, dass die zu dem Thema Publizierenden ihren
Echoraum nicht weiter hinterfragen und eifrig nahezu identische Annahmen mit
leichten Variationen voneinander abschreiben oder sich von wechselnden
Zitatgebern aus den Kreisen von Soziologen, Psychologen und gerne auch
Personalern bestätigen lassen.) Das liest sich dann – zugegebenermaßen verkürzt
– so:
Babyboomer: Digital modertot.
Generation X: Schwere digitale Defizit. Deshalb kurz und
mittelfristig ‚Time to say Goodbye‘.
Generation Y: Schon besser. Läuft aber Gefahr abgehängt zu werden,
weil das Digitale nicht von der Mutterbrust an eingesogen wurde.
Generation Z: Hurra. Die hats drauf, weil die eben nichts kennt
als Digitales und Internet. Allerdings sagt man den Zetties auch nach, sie
seien saturierte Lebensempfindele ohne Ehrgeiz und komfortzonenorientiert.
Dennoch liege hier die schimmernde Zukunft, ja, wenn es die Arbeitgeber nur
verstünden, die besonderen Gestimmtheiten dieser Klientel aufzufangen und in Angebote
umzutopfen. Überdies liefert diese Generation durch ihre Nutzung digitaler
Tools und Medien freiwillig eine Unmenge von Daten, die ausgelesen,
interpretiert und für die Forschung nutzbar gemacht werden können. Somit sind aufgrund
der nie dagewesenen Datenbasis Aussagen über die Generation wohl weitestgehend
zutreffend.
Die Anmerkung sei gestattet, dass etwa der Erfinder des Internets den
Babyboomern zuzuschlagen ist, der Erfinder der Computermouse einer noch
früheren Generation. Nicht nur die hier als Beispiel Angeführten können mit den
wie oben beschriebenen Kategorisierungen wohl nichts beginnen.
Es ist an der Zeit, andere Kategorienüberschriften für die
unterschiedlichen Generationen zu finden, nach Kriterien, die die
Lebenserfahrungen der jeweiligen Gesamtheiten eher abbilden. Wie wäre es etwa
mit der Kategorie: Generation Discofox. Millionen sind mehr oder weniger
mit Discofox in Berührung gekommen. Somit kann Discofox als einigender Nenner
betrachtet werden. Auch der Verfasser dieser Zeilen wäre hier gut aufgehoben.
Das heißt allerdings nicht, dass er sich über eine Nähe oder seine aktive
Durchdringung des Themas Diskofox fugenlos und umfassend definieren ließe. Im
Gegenteil. Der Verfasser hegt eine fundamentale Abneigung gegen diesen Tanz.
Nichtsdestotrotz sah er sich wiederholt damit konfrontiert.
Welche Charakteristika, welche Vermögen könnten Zugehörige zur
Generation Discofox überdies beschreiben?
Ein Versuch. GDFoxler können: Selbständig Mahlzeiten aus
verschiedenen Zutaten bereiten. Geben Kleidung zur Reinigung oder in die
Waschmaschine statt ständig neue zu kaufen. Wissen um den Unterschied zwischen
‚scheinbar‘ und ‚anscheinend‘ und den von Stichomythie und Stichomantie. (Letzteres ist
nicht sooo wichtig).
Zurück zur Generation Z, ihr gewissermaßen natürlich
erworbenes Vermögen der Zukunftsfähigkeit und der sich daraus ableitenden
Daseinsberechtigung. Nur wer die Zukunft hat, wer die Herausforderungen der
Zukunft zu meistern versteht, wir angenehm (über)leben. Es steht dabei außer
Frage: Die Zukunft ist digital. Wer dem nicht gerecht wird, gehört aussortiert
bzw. muss mit negativen Konsequenzen hinsichtlich des Überlebens in einer
digital bestimmten Umwelt rechnen. Die Generation Z steht vor überwältigenden
Herausforderungen. Zumal sie den Mist, den ältere angerichtet haben, irgendwie loswerden,
künftigen Ballast vermeiden muss. Aber wie?
Ein kurzer Blick in die Vergangenheit mag helfen.
Jonathan Swift (1667–1745) und seine Zeit- und Landesgenossen standen vor
großen Problemen. Es gab zu viele Menschen, zu viele Babys und zu wenig
Nahrung, um alle angemessen satt zu bekommen. Sein Vorschlag war radikal: Man
solle doch die ganz jungen und überzähligen Menschen wohlhabenden Kreisen als
Nahrungsmittel andienen. Der
Verkaufserlös sichert den Hinterbliebenen ein Grundeinkommen. Zudem würden die
Kleinchen so vor dem Hungertod bewahrt. Problem gelöst – das Individuum ist bloße Ressource.
Derart radikale Lösungen sind sicher nicht jedermanns
(m/w/d) Sache. Übertragen auf die gegenwärtigen Herausforderungen ließen sich
jedoch wegweisende Maßnahmen ableiten:
Generation Z stellt sicher, dass nur noch digitalaffine
Individuen das Licht der Welt erblicken. Spezielle Analysetools entdecken eine
entsprechende Prädisposition - noch vor dem Zeugungsakt. Schlimmstenfalls erscheint
eine Abtreibung angeraten.
So wird eine homogene zukunftsfrohe weil zukunftsfähige
Bevölkerung heranwachsen. Und ganz vielleicht verzichtet diese Zukunft komplett
auf Discofox. Das wäre mal schön.
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