Ein namhafter Verlag sucht eine/n Textredakteur/in mit ‚hoher Food Affinität.‘ Klar, eine gewisse Liebe, vielleicht auch
Zweckliebe zum Food – auch bekannt als Essen oder Nahrung – bringen wohl die
meisten Menschen mit. Der B. Verlag wünscht sich das allerdings im hohen Maße.
Eine hohe Begeisterung oder Faszination für Essen – so darf man annehmen – wird
nicht ohne Folgen bleiben. Mensch nimmt zu. Vielleicht ist das aber auch
gewünscht. Julius Caesar, der alte Römerkaiser, wird ja von Shakespeare mit dem Spruch zitiert:
Lasst beleibte Männer um mich sein. (Heute hätte er genderbewusst wohl ‚Menschen‘
statt Männer gesagt.) Das hat was. Gelten korpulente Menschen doch als
gemütlich, eher bedachtsam und nicht zu Hektik neigend. Derartige Charaktere im
Verlag zu haben…. Hmja, vielleicht keine schlechte Idee.
Aber Jobanzeigen vermitteln häufig noch eine verborgene
Botschaft. Auch diese. Und die steckt in der Wortbedeutung von Affinität. Das
Wörterbuch sagt uns, Affinität sei Wesensverwandtschaft, Ähnlichkeit und
dadurch bedingte Anziehung.
Die Wesensverwandtschaft nun wieder. Stelle ich etwa einen
Teller Spaghetti Carbonara neben einen Teller Spaghetti Vongole, dann sind sie
ihrem Wesen nach verwandt aber fühlen sich i.d.R nicht voneinander angezogen.
Das Angezogensein ist ein Privileg höherer Lebensformen.
Also: Redakteur (m/w) möge sich zur Nahrung hingezogen
fühlen, weil er/sie seinem Wesen nach eben auch Nahrung ist, sich zumindest so
fühlt. Zudem fühlt er/sie sich wohl in einer (Arbeits)Umgebung, in der er/sie
die handelnden Personen als Nahrung betrachten kann.
Diese Gegebenheiten sorgen unter Umständen zu einer
höheren Fluktuation bei der Belegschaft (# kannibalismus). Man könnte auch so
formulieren: Der Mensch ist dem Menschen ein Schmaus. Caesar hätte vielleicht
gesagt: Homo homini lupus est. Auf jeden Fall lecker.
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