Dienstag, 29. Juli 2014

Tendenzbetrieb oder die Tendenz im Betrieb




Schon  mal etwas gehört von  'Tendenzbetrieben / -unternehmen' ? Nein? Hier ein kurzer Abstecher zu Wikipedia. Dort ist zu erfahren: Ein Tendenzbetrieb ist ein Betrieb, mit dem der Unternehmer nicht unbedingt oder nicht nur Geld verdienen will, sondern mit dem er ausschließlich bzw. zusätzlich andere Ziele verfolgt, nämlich die im Gesetz erwähnten politischen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Ziele (diese Aufzählung ist nicht vollständig)....
Hin und wieder liest man bei Unternehmern unter kirchlicher Trägerschaft, der Bewerber müsse die Gewähr bieten, dass er die Ziele und moralischen Vorstellungen der jeweiligen Kirche aktiv mitträgt. Beweis sei eine aktive Gemeindearbeit ersatzweise die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche.
Was sind noch Tendenzbetriebe? Parteien. Die haben ja angeblich auch ihre besonderen Weltanschauungen und Zielsetzungen. Und darauf pochen sie, die Parteien. So scheint es undenkbar Pressesprecher der SPD Fraktion zu sein,  wenn man das Parteibuch der NPD hat. (Nur so als Beispiel).
Was noch? Ach ja, Presseunternehmen. So sollten etwa gerade redaktionelle Mitarbeiter der im Springer Verlag erscheinenden Erzeugnisse gegen bestimmte, in der Springer-DNA festgelegte weltanschauliche Grundsätze und Meinungen nicht verstoßen.
Halten wir kurz fest: Es geht um  grundsätzliche Haltungen, die vom Mitarbeiter eingefordert werden und das unternehmerische Credo , nicht  'nur Geld verdienen' zu wollen. Schon auch, aber nicht sooo unbedingt. Man kann Axel Springer ja einiges vorwerfen, aber nicht, dass er als armer Mann von uns gegangen ist.  Axel Springer gilt ja als Erfinder der Bild-Zeitung. Im Verlag und auch in der Öffentlichkeit schreibt sich  BILD - anders als im Logo - stets in Großbuchstaben. Damit ganz klar ist, hier ist nicht das gemeint, was bei Omi über dem Vertiko hängt, sondern die Zeitung. BILD eben.
Und nun liest der Arbeitswillige in der Anzeige eines eHealth-Unternehmens, das einen Texter sucht, mitzubringen sei unter anderem:
"Online Affinität und Begeisterung für Literatur, Film, Humor und BILD"
Die Frage sei gestattet, ob man, wenn man sich für Literatur, die diesen Begriff verdient, begeistert, sich  gleichermaßen für die Bildzeitung erwärmen kann.  Das ist schon ein ziemlicher Spagat.
Viel  quälender ist allerdings die Frage, warum die Begeisterung für diese Boulevardzeitung  die Voraussetzung für ein gedeihliches Arbeitsverhältnis bei dem  Unternehmen  sein soll. Und  wie ließe sich eine derartige Begeisterung nachweisen? Durch auswendigen Vortrag der Schlagzeilen zurückliegender Ausgaben oder dem Vorhandensein eines E-Abos?
Eine dahingehende Mailanfrage des Arbeitswilligen an das zuständige Career-Center bleibt ohne Antwort.

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