Bei gar nicht wenigen Annoncen, werden die
Arbeitswilligen mit einem trauten "Du" angekumpelt.
Solche Unternehmen suchen die Arbeitswilligen auch sprachlich in deren jeweiligem Biotop
abzuholen. Das klingt jung, frisch und barrierefrei. Das mag in Ordnung sein, wenn man nach dem
Motto lebt, das im in Zellers
"Vogelhändler" so fein in Wort und Ton gesetzt ist.
"Ich bin die Christel von der Post,
schmal das Salär und karg die Kost.
Aber das macht nichts, wenn man noch jung ist...."
Ja, liebe Arbeitswillige. Da steckt sehr viel Wahrheit
drin. Seid jung, seid voll Schwung, verdient wenig. Dafür werdet ihr auch
umfassend geduzt und könntet eventuell auch den CEO zurückduzen.
Alles hat seinen Preis.
Auch die Erwähnung, man finde am Arbeitsplatz einen
"Kicker" vor.... so etwas liest man tatsächlich in der ein oder
anderen Annonce.
Nun ist in der Regel mit Tischfußball kein Geld zu
verdienen. Das weiß natürlich das annoncierende Unternehmen. Dennoch lockt den
ein oder anderen die Aussicht, für die Kickerlust nicht extra eine Daddelhalle
aufsuchen zu müssen. Wissenschaftliche Studien haben angeblich gezeigt, dass so
ein Kicker den Korpsgeist zu stärken in der Lage ist, dass Konkurrenzverhalten
auf ein erträgliches weil spielerisches Maß heruntergeschraubt wird. Fein, sagen manche. Aber auch in diesem
Falle: Es gibt weniger Geld, dafür aber
die innerbetrieblichen Kickerwettbewerbe.
Vorsicht geboten ist auch, wenn der unternehmenseigene
Kaffeeautomat mit dem besten Espresso nördlich der Mainlinie angepriesen wird.
Eingeweihte wissen, wie teuer so eine Maschine ist. Das muss erwirtschaftet werden. Und wie rechnet sich das? Indem man
die Entgelte schmal hält. Schließlich gibt es dafür Superkaffee.
Ähnliches gilt bei der Anpreisung der besonderen
Architektur des Arbeitsambientes.
Inmitten der besten Lage von Sindelfingen heißt es oder in einem loftartigen, ehemaligen
Fabrikdingsbums inmitten der quirligen Kreativmetropole. Auf der Homepage sind
die äußerst ambitioniert gestylten Büros in der Regel zu besichtigen. Ein Klotz, wer nicht da sein mag. Überdies
stellt sich ein ästhetisches Problem. Die Arbeitswilligen mögen in sich gehen,
ob denn ihr Habitus und ihr Outfit zu dem Ambiente passt oder ob sie
möglicherweise dort als Geschmacksentgleisung registriert würden. Wohlgemerkt. Gegen eine geschmackvolle
Raumgestaltung ist nichts einzuwenden. Dort schafft es sich selbstverständlich
besser als in grauen Rattenkäfigen. Allein, das als Pro-Argument heraus zu
streichen lässt vermuten, dass an anderer Stelle gespart wird. Meist am Salär
der Arbeitswilligen.
Obacht bei englischen Jobtiteln. Es scheint sich
allgemein festgesetzt zu haben, dass ein flotter englischer Titel Modernität
atmet, so das Selbstwertgefühl und im gleichen Zug die Lebensqualität des
Mitarbeiters heben kann. Ein Beispiel:
Hans, Franz und Ute treffen sich auf einer Party. Hans erzählt, er sei Abteilungsleiter.
Franz verdient weniger als Hans, kann aber darauf verweisen, dass er Floor
Manager sei. Na, wer geht mit Ute nach Hause? Franz. Denn Floor Manager klingt
eben sexy.
Sollten von einem Unternehmen weder Kicker, noch Kaffee ,
noch schöne Architektur angeboten werden, sollte sich schließlich
herausstellen, dass zudem das Entgelt weit unter den Vorstellungen der
Arbeitswilligen liegt, dann handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um
ein schwäbisches oder schwäbisch geprägtes Unternehmen. Diesem umtriebigen und
tüchtigen Volksstamm eignen eine ganze Reihe hervorragender Eigenschaften, darunter auch die Freundlichkeit, sämtliche
Vorurteile, die über eben diese Gruppe im Umlauf sind, bereitwilligst zu
bestätigen. Unter anderem ist folgende Episode überliefert: Drei Schwaben wetten, wer von ihnen am
längsten Tauchen kann. Nachdem sie 2 Stunden lang den Wetteinsatz von einem
Euro auf 79 Eurocent herabverhandelt haben, schreiten sie zur Tat. Ergebnis:
Alle ertrunken.
Sicher, es mag auch schwäbische, schwäbischartige
Unternehmen geben, die sich der Vorurteile und der damit einhergehenden
Defizite wohl bewusst sind und dieses zu beseitigen suchen. Diese scheinen jedoch in der Minderzahl zu
sein.
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