Wer hat noch nicht mit staunenden Ohren gelauscht, wenn Waidmänner von
ihrem angeblich edlen Waidwerk erzählen? Da fallen Worte wie: Abbaumen, ein Stück aufbrechen, aus der Decke
schlagen, verkuhlen, Bruch und Schweiß, ein Stück verhofft und dergleichen
mehr. Lassen wir den Jägersleuten ihre verbalen Grillen, respektieren wir ihren
Jargon, der sich über Jahrzehnte und vielleicht Jahrhunderte etabliert hat und
diejenigen, die ihn zu gebrauchen verstehen, als Mitglieder eines eingeweihten Kreises,
ja einer Bruderschaft ausweist.
Einen Jargon der ganz besonderen Art pflegt meisterlich auch das Telekom-Unternehmen
mit Hauptsitz in Bonn, das die regionalen Grenzen längst überwunden hat und
nunmehr als Global Player bezeichnet werden darf. (Damit ist nicht die
Konversation mit Call-Center MA gemeint.) Die Lektüre einer Jobannonce dieses
Unternehmens ist immer wieder ein Vergnügen, eine Bereicherung, da sich der
Blick weitet in die vagen Universen
verschwurbelter Streusandinformationen. Das beginnt mit der Stellenbezeichnung.
Gesucht wird ein:
Fach-Senior Manager Core Telco
Products Evangelist (m/w)
Alle
Achtung wie hier elegant das Beste aus zwei Sprachwelten komponiert wird.
Allein, wie spricht man das richtig aus? Deutsch und solide: „Fach“ und dann
weiter mit englischem /amerikanischem Zungenschlag? Oder ist bereits
"Fach" wie "Fäk" auszusprechen.
Weiter
heißt es:
Wir sorgen für Kundenorientierung, Einfachheit, ein
exzellentes Nutzungserlebnis, ein werthaltiges Produktportfolio und nachhaltige
Wirtschaftlichkeit. Neben einem tiefen Markt- und Kundenverständnis bringen wir
Unternehmertum sowie Innovations- und Technologiekompetenz in die
Zusammenarbeit mit unseren Kollegen im Konzern ein. Für die Realisierung der
Konzernvision 'Connected Life and Work' brauchen wir Kolleginnen und Kollegen
mit unterschiedlichsten Profilen, die Neugierde und Kreativität in unser
erfolgreiches Team einbringen.
Es ist prima zu erfahren, dass der Konzern eine fest umrissene Vision hat.
Nur Spötter wie der Altbundeskanzler merken hier an: Wer Visionen hat, möge zum
Arzt gehen. "Nicht
nur der psychisch Labile hat gelegentlich eine Vision sondern auch der
trommeltanzende, Psychopilze kauende Schamane oder der inbrünstig Katholische.
Letzterer wird mit einigem Glück und Geschick heiliggesprochen. Sollte der
Wunsch nach Heiligsprechung hinter der Vision der Telekom stehen? Besteht der
unternehmerische Ehrgeiz darin, die Heiligenschar um einen Sankt Telekom zu
bereichern?"
(Apropos Vision. Der Arbeitswillige glaubt sich zu erinnern, in einer
zurückliegenden Offerte erfahren zu haben, das Unternehmen verfolge eine
"Mission". Nun also eine Vision. Vision sticht Mission. Das ist
schlau. Das kann man so sehen.)
Zunächst liest sich die
Aufgabenbeschreibung wie etwas, das man mit Fertigkeiten in externer / interner
Kommunikation durchaus lösen kann. Die Lust am eitlen, pompösen Fabulieren ist in der
Offerte stets spürbar. (Der Arbeitswillige erspart sich die 1:1 Wiedergabe an
dieser Stelle).
Die Sache hat jedoch einen fetten Haken. Denn die Offerte richtet sich nur
an Bewerber, die die telekomeigene Initiation bereits hinter sich haben.
- Idealer Weise haben Sie ein Hochschulstudium
abgeschlossen und
bereits umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen Aufgaben und
Funktionen bei der Telekom gesammelt. - Wir erwarten von Bewerbern für diese Aufgabe
umfassende
Kenntnis des Telekom Konzerns, seiner Strategie und Struktur,
Produkte und Dienste.
Der Arbeitswillige fragt sich, warum das Unternehmen
für den freien Markt eine derartige Anzeige schaltet, wo doch offenbar nur
Kandidaten in Betracht kommen, die bereits mit dem Unternehmen vertraut sind,
sprich Hausgewächse. Also, um mit dem Waidmann zu sprechen: Warum verkuhlt das
Unternehmen seine Besetzungswünsche nicht auf internen Plattformen? Dort finden
sich gewiss Menschen in ausreichender Zahl, die gut im Feuer stehen und auch
vertraut äsend sich dem Auswahlverfahren stellen. Die können dann mitreden und
mitverstehen, weil sie mit dem Intern-Sprech vertraut sind. Frohes Aufbaumen
wünscht dabei der Arbeitswillige.
Weiter fragt sich der Arbeitswillige, ob tatsächlich
Menschen von Bildung, Geschmack und Stilempfinden, die überdies noch "
Kundenorientierung und Einfachheit" (s.o.) auf ihren Fahnen
führen, sich von derartigem Wortgeklingel angesprochen fühlen.
Nach einigem Überlegen ist die Antwort ganz einfach:
Die suchen nicht. Die haben ja schon. Und zwar jemanden, der kein Spaßverderber
ist, weil er den Konzernjargon abspulen kann. Das ist nicht verwerflich. Denn:
Nehmen wir einmal an, man kommt als Novize in die Runde von Waidmännern, die
enthusiastisch von Luderkuhle, Bruch und Geäse sprechen. Und der Novize muss
bei jedem 2.Begriff nachfragen, was damit gemeint sein könnte. Da kann doch
keine Vision entstehen. Geschweige denn transportiert werden. Und so sagt der
Arbeitswillige mit leisem Bedauern: Bleibt man schön unter euch.
2 Kommentare:
Oje. Und dann auch noch diese bemerkenswert unkonventionelle Orthographie ("Idealer Weise").
Das wird möglicherweiss der nächste Schritt des Unternehmens sein: die Übernahme der Orthographie. Die Vision dazu lautet "Superior Clarity & Day 2 Day Writing."
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