Geschichten vom Arbeitswilligen
Die Wege von Arbeitswilligen sind gesäumt von Ablehnungen und Absagen potenzieller Arbeitgeber. Nur die allerwenigsten dieser Absagen lassen ein Bemühen erkennen, höflich zu sein, zu erklären und somit den Bewerber in seiner Würde zu belassen.
Die allermeisten hingegen lesen sich als Dokumente von Inkompetenz, Gleichgültigkeit, schlichter Blödheit, oder bestenfalls fehlender Professionalität.
Besonders Spitzfindige mögen hier einwenden: Form und Inhalt derartiger Schreiben seien keine Fehlleistungen. Nein, eher finde sich hier Fürsorge und Sympathie für den abgelehnten Bewerber. Denn aus der Tonalität der Absage könne der abgesagte Arbeitswillige auf das Arbeitsumfeld in dem jeweiligen Unternehmen schließen. Und das stelle sich eben so mies dar, damit die Trauer des Abgelehnten ein wenig gemildert werde; vielmehr sei es ein Glücksfall für den Abgelehnten, nicht in so einem Unternehmen arbeiten zu müssen.
An dieser Sichtweise mag etwas dran sein. Ich glaube das allerdings nicht.
Ich möchte einige Beispiele anfügen. Den Anfang macht ein global aufgestelltes Unternehmen mit Sitz in Leverkusen. Es ging um eine Position im Bereich der internen Kommunikation. Nach einem etwa zweistündigen Vorstellungsgespräch mit den Herren Sp. und B. erhielt ich folgende Mail
„Ihre Bewerbung als … (m/w) vom x. September
Sehr geehrte/r Frau/Herr Strumpf,
vielen Dank für Ihre Bewerbung. Sie hat uns sehr gut gefallen. Wir
haben uns jedoch für eine/n andere/n Mitbewerber/in entschieden.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihren weiteren Berufsweg.
Mit freundlichen Grüßen
B. Direct Services GmbH
Team Source, Select, Separation“
Ich war ein wenig irritiert, denn während des Gespräches hatte ich – glaube ich – keine Zweifel an meiner geschlechtlichen Identität (männlich) aufkommen lassen. Ich bat um erklärende Worte und erhielt folgende Antwort. (Rechtschreibefehler stammen nicht von mir.)
„Sehr geehrter Herr Strumpf, zuerst einmal möchten wir uns für die anonyme Form der Absage entschuldigen. Die Entscheidungsfindung ging schneller als erwachtet. Somit kam die Entscheidung für Sie früher als erwachtet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu den Gründen der Entscheidungsfindung keine Aussage treffen. Die uns von Ihnen überlassenen Ansichtssachen werden wir Ihnen schnellstmöglich zukommen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
B. „
Ob Mann oder Frau? Dies zu entscheiden tut sich nicht nur der Weltkonzern aus Leverkusen schwer:
„Sehr geehrter Herr Strumpf,
Zunächst bedanken wir uns herzlich für Ihre Bewerbung und möchten uns gleichzeitig für die sehr verspätete Antwort entschuldigen.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir den Bewerbungsvorgang abgeschlossen und uns für eine/n andere/n Bewerber/in entschieden haben.
Wir bedauern, Ihnen keinen positiven Bescheid geben zu können. Die späte Rückmeldung bitten bitten wir nochmals höflichst zu entschuldigen.
Für Ihre weitere berufliche Zukunft wünschen wir Ihnen viel Erfolg und alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
(CC) GmbH“
Das ist arg. Sie haben jemanden eingestellt und wissen nicht ob Mann oder Frau. Mein Rat, einfach mal nachzufragen, blieb ohne Antwort.
Deutlich die Latte des Zuträgliche gerissen hat auch folgende Absage:
„Bewerbung bei lettra
Sehr geehrte NAME,
vielen Dank für Ihre Bewerbung und Ihr damit verbundenes Interesse an einer Mitarbeit bei lettra. Die Auswahl der großen Anzahl an Bewerbungen auf unsere Stellenanzeige hat mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen erst heute antworten können.
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie nicht in den engeren Bewerberkreis einbezogen haben, da wir uns auf Kandidaten konzentrieren, die unserem Anforderungsprofil noch besser entsprechen.
Wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche und persönliche Zukunft alles Gute und verbleiben
mit freundlichen Grüßen“
Mitunter bekommt man auch möglicherweise geheime Botschaften zugesandt wie in diesem Text:
„ Sehr geehrter Herr Strumpf,
wir haben die Möglichkeit (…. der Folgetext war gespickt mit Zeichen wie br oder <>< und endete )...
Mit freundlichen Grüßen
PleX Central Recruiting.“
Ich frage mich, was mach br <>/ bei PleX? Vielleicht der Verfasser / die Verfasserin des Schreibens. Vielleicht, denn eine Unterschrift fehlt.
Sehr beliebt sind bei Absagen auch Standardformulierungen wie: „Aufgrund der großen Zahl an Bewerbungen bitten wir Sie um Verständnis dafür, dass wir uns nicht für Sie entscheiden konnten.“
Sätze wie diese sind in sich so logisch wie die Behauptung: Aufgrund der vielen Autobahnbaustellen, bitten wir Sie um Verständnis, dass die Apfelernte in diesem Jahr nicht das Volumen des Vorjahres erreicht.
Ambivalent sind diese Sätze überdies. Einerseits ist es ein schönes Gefühl: Man ist nicht allein im Universum, sondern hat viele Gefährten und Gefährtinnen, die sich zu demselben Ziel aufmachten.
Andererseits schwingt darin auch mit: Ihr blöden Arbeitswilligen. Ihr tretet an in Armeestärke. Macht uns so viel Mühe. Wir haben in der HR-Abteilung eh schon so viel zu tun. Wir wissen ob der Belastung weder ein noch aus. Wir haben es gar nicht einfach. Bitte weint mit uns und habt Verständnis.
In einem Fall hat mich eine Absage sehr verunsichert:
„Sehr geehrter Herr Strumpf,
vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und Ihre Bewerbung.
Leider können wir diese im weiteren Personalisierungsprozeß nicht mehr berücksichtigen.
Bis dahin wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Suche nach einer neuen Herausforderung.
Mit freundlichen Grüßen
K.V. Interim Services GmbH “
Was ist ein Personalisierungsprozeß? Das wollte ich wissen und fragte nach:
Sehr geehrte Frau K.,
danke für Ihre Nachricht. Gestatten Sie mir zwei Fragen:
- Wo hat es geklemmt?
- Was ist ein Personalisierungsprozeß ?
Ist das im weitesten Sinne der Prozess, durch den man zu einer Person wird? Und falls ich mit meiner Vermutung richtig liegen sollte, werde ich dann im Falle einer Nichtmehrberücksichtigung zu einer Nichtperson? Gilt das dann auch für mein privates Umfeld oder nur für die DTAG.
Sie werden verstehen, dass mich das sorgt. Ich bitte um ein paar erklärende Worte.
Mit freundlichen Grüßen“
Keine Antwort von Frau K.
Keine Antwort ist auch die Regel, wenn es darum geht Annoncentexte richtig zu verstehen.
„Subject: Ihre Anzeige "Junior Producer"
Sehr geehrte Frau R.,
in Ihrer Anzeige las ich folgende Anforderung:
"Ihre Englischkenntnisse sind genauso gut wie Ihre MS-Office-Kenntnisse"
Heißt das: Bewerber, die weder Englisch noch MS-Office-Kenntnisse aufweisen können, sind Ihnen auch willkommen?
Mit freundlichen Grüßen“
Ach, Anzeigentexte. Das ist wirklich ein eigenes Kapitel bei den Geschichten vom Arbeitswilligen.
Später.
Anton Strumpf freut sich auf Ihre Geschichten.
Als Kommentar oder als Mail an
anton.strumpf@googlemail.com
Freitag, 17. Juli 2009
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1 Kommentar:
Hallo Toni,
ich könnt mich ausschütten über Deine Korrespondenzen. Geichzeitig fragt man sich natürlich, wieso bekommen so viele Leute bei TV/Medien etc. überhaupt monatlich Geld ausbezahlt? Für was? Für orthographische und grammatikalische Besonderheiten? Dokumentierte Dummplunzigkeit. Nun gut, wenn's unsereinen denn freut. Wen nimmst Du als nächstes aufs Korn?
Waidmannsheil und weiter so!
Claire - immer sehr amüsiert mit Deiner Lektüre
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